Karnevalszeit ist Jeckenzeit. Die einen rufen betrunken lallend Helau (wahlweise auch Alaaf), die anderen geben sich Gesängen hin, die mit der „fünften Jahreszeit“ nur bedingt in Einklang zu bringen sind. So geschehen beim „Jecken Pogo“, der im Düsseldorfer Stahlwerk zelebriert wurde und am Tag nach Altweiber die (in Teilen kostümierten) Punks Einzug halten ließ. Auf dem Programm stand, ganz dem propagierten „Skaneval“ entsprechend, die Vermengung von alternativer Blasmusik und klassischem Deutsch-Punk. Das Line-Up konnte sich sehen – und vor allem hören – lassen, was rund 650 Zuschauer zumindest für einen Abend dem schunkelwütigen Kollektivwahnsinn der rheinischen Frohsinnsmetropole entriss.
Ein wenig überraschend schien der rege Besucherstrom schon. Aber gemessen am noch immer überschaubaren Konzertangebot in der Landeshauptstadt sollte man für jeden Publikumserfolg dankbar sein. Zumal sich das Stahlwerk trotz frühen Beginns bereits respektabel gefüllt hatte, als THE BANDGEEK MAFIA um 17 Uhr den Anheizer gaben. Mit Ausnahme von Headliner SONDASCHULE bekam jede Band gleichwertige 40 Minuten Präsentationszeit. Diese nutzte die Trierer BANDGEEK MAFIA, um von ihrer Qualität zu überzeugen. Dafür brauchte es zwar ein wenig, da der zweite Gitarrist rund die Hälfte des Auftritts im Stau verschollen blieb, doch auch ohne komplettes Team (und Klangvolumen) regte die muntere Mischung aus Ska, Rock und Punk (gespielt wurden u.a. „Revealing the Unseen“ und „About Beasts and Lovers“) zum Mitwippen ein.
Mit MONTREAL folgte ein Hamburger Dreigestirn in Partylaune. Der Sound war, wie meist an diesem Abend, erfreulich klar und bereits die Ansagen der beiden Frontmänner machten deutlich, dass Kurzweil Priorität genoss. Wenn sie sich nicht gerade mit Karnevalsutensilien bewerfen ließen, schmetterten sie sympathische Punk-Nummern wie „Erzähl mir mehr“, „Solang die Fahne weht“ oder „Endlich wieder Discozeit“. Ein sehr amüsanter Auftritt der Norddeutschen. Die darauf folgenden KORSAKOW konnten dies Niveau leider nicht halten. Die Düsseldorfer mixten nach Gusto Ska, Alternative und Punk, holten die Orgel raus und verabreichten dem Pulk eine solide Dröhnung. Das ging schon in Ordnung, aus ihrem Heimrecht schöpfte die Band aber insgesamt (zu) wenig Stimmungssteigerung.
Für internationales Flair sorgten JAYA THE CAT (eigentlich aus Boston, mittlerweile wohnhaft in Amsterdam), die wuchtigen Reggae-Rock mit chilligem Flair verschmolzen. Beiträge wie „Hello Hangover“, „Just Keep Pushing Me“ oder „Fake Carreras“, bei dem sie das Publikum zum kollektiven Sit-in mit anschließender ekstatischer Steh-auf-Entladung animierten, sorgten für blendende Laune. Davon profitierten auch die als Special Guest geladenen MASSENDEFEKT. Deren souveräner deutschsprachiger Punk mit TOTE HOSEN-Charme wurde vom Publikum textsicher aufgegriffen und bot mit „Überlebt“ oder dem PLANLOS-Tribut „Totgesagte leben länger“ stimmiges Kontrastprogramm zum lässigen Sound der bärtigen Amis.
Mit KEULE hielt anschließend absurder Asi-Pop Einzug, der mit „Ich kotz dir in den V-Ausschnitt“, „Dick sein ist fett“ oder der Billigbierode „Ich hol dir alle Sternis vom Himmel“ bestens umschrieben ist. Mit Ukulele und Nonsens wurde die Atmosphäre befeuert, was schlussendlich nix für Feingeister bot, aber schlicht großen Unterhaltungswert aufwies. Zwar strapazierten SONDASCHULE vor ihrem Schaulaufen in Sachen Ska-Punk die erfreulich kurzen Umbaupausen hinter zugezogenem Vorhang, an Darbietung und Publikumsbeteiligung gab es jedoch nichts zu meckern. Die Oberhausener/Mülheimer, dem Anlass entsprechend aufwendig geschminkt, heizten der vorn dicht gedrängten Meute ordentlich ein und gaben in rund 75 Minuten ein mit zahlreichen alten wie neuen Hits gespicktes Set (u.a. „Neue Welt“, „Dumm aber glücklich“) zum Besten. Eines Headliners war das mehr als würdig und bildete obendrein die stimmungsvolle Abrundung eines guten und dankbarerweise auch gut besuchten Indoor-Festivals. So macht Karneval doch wirklich mal Spaß!