27.-28.04.2013 – Monster Bash 2013 u.a. mit Rise Against, Pennywise – Berlin, Columbiagelände

monsterbash2013Lange hat es nicht gebraucht, um das „Monster Bash“ als reizvolles Tages-Festival in Sachen Punk-Rock auf deutschem Boden zu etablieren. Groß ist die Konkurrenz allerdings nicht (mehr). Die „Vans Warped Tour“ brachte es hierzulande nur auf wenige Gastspiele und Veranstaltungsreihen wie die „Flying High“-Tour blieben vor der Jahrtausendwende auch nur auf überschaubare Wiederholungen in Jahrestaktung beschränkt. Doch obwohl mittlerweile im Bewusstsein der Zielgruppe angelangt, blieb das „Monster Bash“ auch im dritten Aufguss nicht eben ein Publikumsmagnet.

Ursprünglich in größerem Rahmen und auf freiem Feld – zudem erstmals als Zweitages-Festival in Berlin und Eintages-Event in München – angelegt, war die Ambition erkennbar groß. Nur zwang der maue Vorverkauf zur Rückkehr in die benachbarten Indoor-Locations Columbiahalle und C-Club. Dort war es gewohnt gemütlich und zumindest bei den Headlinern am Sonntagabend, namentlich PENNYWISE und RISE AGAINST, proper gefüllt. Die Eintrittstaxe von 89 Euro dürfte aber eine entscheidende Hürde gewesen sein. Denn trotz Anfahrt nach Belgien ist das „Groezrock“ bei deutlich üppigerem Line Up nur unwesentlich höher bepreist.

Gelohnt hat sich der Ausflug in die Hauptstadt trotzdem. Bevor es aber um die Bands gehen soll, die tatsächlich ausführlicherer Bestandteil dieses Berichts sind, folgt eine Aufzählung jener Teilnehmer, die aus Gründen körperlicher Versehrtheit (krummer Rücken, Vollrausch) oder schlicht akuten Desinteresses von der Rezeption ausgeschlossen blieben. Darunter findet sich bedauerlicherweise auch FLAG, jene mit Ur-Mitgliedern und altem ALL-Sänger bestückte BLACK FLAG-Nachreiche. Neben ihnen waren es TIM VANTOL, VINNIE CARUANA, KMPFSPRT, ROCKY VOTOLATO, THE DETECTORS, SKA-P (alle Samstag) sowie TEMPLETON PEK, ANTILLECTUAL, APOLOGIES, I HAVE NONE und DEAD END PATH (alle Sonntag).

Ausreichend Bühnenprogramm Zwecks Begutachtung und fröhlichem Abfeiern blieb trotzdem übrig. Die Aufwärmphase, darunter die irgendwie soliden, aber nach wiederholtem Live-Erlebnis doch immer weniger von den Socken hauenden Deutsch-Punks von RADIO HAVANNA („Die Zeit rennt“, „Ende der Geschichte“) sorgten auf der kleinen Bühne des C-Clubs SMOKE OR FIRE („California’s Burning“, „Loving Self Loathing“) für einen packenden, zu recht ordentlich abgefeierten Weckruf. Der Club war mit den am Nachmittag anwesenden Zuschauern adäquat gefüllt. In der Halle herrschte hingegen relative Leere.

 Das mussten auch die immer sehenswerten POLAR BEAR CLUB am Samstagnachmittag und AC4 am Sonntagmittag erleben. Während die Erstgenannten Amerikaner auf der für ihre Verhältnisse doch deutlich zu großen Bühne eine souveräne Figur machten und die überschaubare Masse mit Hits wie „Killing It“, „Living Saints“ oder „The Redder, the Better“ bei Laune hielten, nahmen die Schweden um die streitbare Hardcore-Ikone Dennis Lyxzén weder sich noch die Szene insgesamt wirklich ernst. Das sorgte für gute Laune, blieb aber nicht frei von unterschwelligem Beigeschmack.

Denn im spaßorientierten und wonnig den alten Geist des Hardcore beschwörenden Nebenprojekt mag Lyxzén die Zeit der Auftritte in den ganz kleinen Clubs neu erleben können, am Hungertuch nagen muss er darüber aber wahrlich nicht. Gegönnt sei es ihm und Mitstreitern trotzdem, schließlich ließ das Set („Cuervo del Diablo“, „Where are the Kids“, „Diplomacy is Dead“) wenig Raum zum Meckern und der passionierte Mikrofon-Schwinger hatte sichtlich Lust auf inbrünstiges Geplärre, Anekdoten und ironische Kommentare auf die verbliebenen Werte der ihn umgebenden Szene.

Im C-Club spielten am fortschreitenden Samstagnachmittag noch NOTHINGTON, die Hymnen-Punk mit Reibeisen-Stimme („Where I Stand“, „The Escapist“) vorlegten, bei aller Souveränität jedoch das letzte Fünkchen Begeisterungsfähigkeit vermissen ließen. Mehr Stimmung kam da schon mit THE FRONT BOTTOMS auf, die dem Pulk mit ihrer wilden Mischung aus Indie-Punk und Akustik-Tanzmucke ordentlich einheizten. Am Abend sorgten zudem THE FLATLINERS für Ausgelassenheit und stimmliche Beanspruchung des Publikums. Hits wie „Requiem“, „Bleed“ oder „…and the World Files for Chapter 11“ taten ihr Übriges. Ein starker Auftritt!

Im Club besser aufgehoben gewesen wären auch TITLE FIGHT. Deren rotziger Punk-/Post-Hardcore-Mix blieb aufgrund des starken Klangs zwar diesmal komplett verständlich, wirkte ungeachtet der gewohnt erstklassigen Songauswahl („27“, „Symmetrie“, „Numb, But I Still Feel It“) aber auf großer bühne auch etwas verloren. Das trifft auf SPARTA zwar nicht zu, allerdings konnte man sich während des Auftritts der bewährten Alternative-Rocker nebenbei trefflich unterhalten, ohne das Gefühl haben zu müssen, Wesentliches (ausgenommen „Cut Your Ribbon“) zu verpassen.

 Ein Kompliment muss insgesamt aber den Sound-Verantwortlichen gemacht werden, die allumfassend (außer bei PENNYWISE, aber dazu später mehr) für überzeugenden bis hervorragenden Raumklang sorgten. Davon profitierten auch die Ska-Vertreter, die mit vollem Bläsereinsatz die Atmosphäre anheizten. Am Samstagabend war es an LESS THAN JAKE, für einen Höhepunkt des gesamten Wochenendes zu sorgen. Natürlich ist das alles bekannt und der Zenit der Kalifornier sicher überschritten, aber in Sachen Spielfreude macht ihnen keiner was vor. Dafür stand auch das weitgehend aus älteren Kalibern bestehende Set („Johnny Quest Thinks We’re Sellouts“, „Look What Happened“), bei dem Circle Pits und Publikumschöre nicht lange auf sich warten ließen.

Der Sonntagnachmittag bot, ebenfalls in der Columbiahalle, den perfekten Rahmen für STREETLIGHT MANIFESTO, ihren eher rockigen Ska („Thief, the King and I“, „Everything Went Numb“) zu präsentieren. Der Pulk feierte ausgelassen, sang mit, was es mitzusingen gab und hieß Tomas Kalnoky und Gefährten mehr als herzlich willkommen. Manche Songs des Gespanns aus New Jersey mögen zwar noch immer eine Spur zu lang erscheinen, ihr Auftritt jedoch war mehr als kurzweilig. Das exakte Gegenteil bewiesen an gleicher Stelle GRADE, die es sich und der Welt 10 Jahre nach ihrer Auflösung noch einmal beweisen wollen.

Eindruck hinterließ aber nur die knapp bemessene Buxe von Frontmann Kyle Bishop dessen Dehnübungen wohl nur durch eine im Hosenbein drapierte Gurke noch gestelzter hätten wirken können. Musikalisch wurde der altbekannte Screamo („A Year in the Past“, „Seamless“) geboten, dessen Wirkungsweise samt Hitpotenzial aber über die letzte Dekade eingebüßt hat. Standesgemäß beklatschen ließ sich bereits am fortschreitenden Samstagabend ein anderer Klassiker, nämlich die Schweden-Punks von MILLENCOLIN. Die gaben zwar fast ausschließlich weniger relevante Songs neuerer Garnitur zum Besten, ließen aber auch Kaliber des Schlages „Bullion“ oder „Fox“ vom Stapel. Für gute Laune reichte das allemal.

 Wirklich Eindruck machten aber auch am Sonntag eher die Bands im C-Club. FAR FROM FINISHED brachten die Hütte mit ihrem hymnischen Street-Punk („The Bastard’s Way“, „Heroes and Ghosts“) zum Kochen und auch ATLAS LOSING GRIP um Ex-SATANIC SURFERS-Sänger Rodrigo Alfaro sorgten mit ihrem politischen Hardcore-Punk („Unrest“, „Numb“) für Grinsegesichter und Publikums-Chöre. Weniger eindrucksvoll ging es bei NATIONS AFIRE zu, immerhin zusammengesetzt aus ehemaligen Mitgliedern von RISE AGAINST und IGNITE. Deren aufs Stadion schielender Punk blieb eher behäbig und trotz solidem Set („Nine Lives“, „One Perfect Day“) nicht zwingend Pflichtprogramm.

Den wohl undankbarsten Slot hatten zweifelsfrei A WILHELM SCREAM, die am Sonntagabend den Club erschütterten, während sich die Halle auf RISE AGAINST vorbereitete. Aber die Hardcore-Punks trugen es mit Fassung, ließen die sorgsam eingeflochtenen metallischen Gitarren flirren und hatten mit Beiträgen wie „The King is Dead“, „The Horse“ oder „Me vs. Morrissey…“ sowieso alle Sympathien auf ihrer Seite. Und wer nach PENNYWISE, die zuvor die Halle auseinandergenommen hatten, mehr auf die Ohren wollte, war bei den Mannen aus New Bedford, Massachusetts, sowieso an der richtigen Adresse.

Als Gewinner des Wochenendes standen jene PENNYWISE sowieso bereits im Vorfeld fest. Zum 25-jährigen Bestandsjubiläum wieder mit Alt-Sänger Jim Lindberg am Mikro, war Party-Stimmung ohnehin vorprogrammiert. Und da das Set mit Ausnahme von „Fuck Authority“ sowie einigen Coverversionen („Fight for Your Right“) ausschließlich aus Beiträgen der ersten fünf Platten zusammengesetzt war („My Own Country“, „Homesick“, „Peaceful Day“, „Society“, „Living for Today“), brauchte man sich um Textsicherheit wahrlich keine Sorgen zu machen. Und mit der abschließenden „Bro-Hymn“, mitgeschmettert aus geschätzt 3.000 Kehlen, war der Gänsehautmoment des Festivals ebenfalls in Stein gemeißelt. Der etwas rumplige Sound der Kalifornier störte da eigentlich niemanden.

Abgefeiert wurden natürlich auch RISE AGAINST, wegen denen sich die Columbiahalle am Sonntag denn auch tatsächlich komplett füllte. Neben vereinzelten alten („Heaven Knows“, „Give It All“) Stücken wurden erwartungsgemäß vor allem die Chartstürmer-Alben dargeboten. Der Pulk ging dankbar mit, aber eine gewisse Beliebigkeit konnten die Chicagoer auch diesmal nicht abstreifen. Der Auftritt gefiel, keine Frage, aber als Massenphänomen fehlte doch der letzte Reiz. So könnte man auch das „Monster Bash 2013“ insgesamt zusammenfassen. Es hat Spaß gemacht, das Außengelände war mit Skater-Ramp sowie Info- und Fressständen ordentlich bestückt – aber der ganz große Wurf blieb das Festival auch diesmal nicht. Allerdings kann man den Organisatoren keinen Mangel an Veränderungswillen vorwerfen. Aber vielleicht genügen im nächsten Jahr einfach mehr kleine Bands bei geringeren Ticketpreisen.

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