Rocken für den guten Zweck. Dabei gilt: Je größer der Bekanntheitsgrad, desto größer die Aussicht auf Erfolg. In Sachen Popularität geht es in Deutschland kaum üppiger als bei den Stadion-Punks DIE TOTEN HOSEN. Die Düsseldorfer Altstars nutzten ihre Beziehungen, um mit Hilfe der Stadtoberen sowie diverser Sponsoren binnen zwei Wochen einen Event auf die Beine zu stellen, dessen Erlös den Erdbebenopfern in Syrien und der Türkei zugutekommt.
Die 10.500 Tickets für die Veranstaltung im PSD Bank Dome war binnen einer Minute ausverkauft. Unter dem Strich kamen mit Spenden während des Live-Streamings auf verschiedenen Online-Plattformen mehr als eine Millionen Euro zusammen, die dem Deutschen Roten Kreuz, Ärzte ohne Grenzen und Medico International zugutekommen werden. Das verdient Respekt. Großen Respekt. Zumindest außerhalb der Bubble all jener Social-Media-Trolle, die sich mit Vaterlandsfokus im Vorfeld daran machten, die „Staatsrocker“ zu verunglimpfen.
Tatsächlich ordneten auch die Musiker selbst die Veranstaltung als lediglich kleinen Beitrag ein. Geringschätzung ist trotzdem unangebracht. Und so kam die Party bei aller Betonung der schrecklichen Umstände keineswegs zu kurz. Die nahm ihren Anfang mit Thees Uhlmann, der allein mit Gitarre und gewohntem Anekdotenreichtum vier Songs (darunter, neben „Fünf Jahre nicht gesungen“ und „Die Toten auf dem Rücksitz“, auch der TOMTE-Klassiker „Ich sang die ganze Zeit von dir“) in zwanzig Minuten spielte, dazwischen unglaublich schnell sprach und die Sympathien einmal mehr auf seiner Seite wusste.
In seiner Wahlheimat Berlin hatte Uhlmann kurz zuvor eine ähnlich geartete Benefizveranstaltung im Columbia Theater auf die Beine gestellt. Die Einladung der TOTEN HOSEN war damit, abseits aller Freundschaft, auch eine Ehrung seines Engagements. Nach ihm kamen die DONOTS, frischgebackene Charts-Stürmer und bewährte HOSEN-Anheizer. Ihr 40-minütiges Set ließ viele große Hits liegen und streifte das neue Werk, „Heut ist ein guter Tag“, lediglich mit „Auf sie mit Gebrüll“ und „Hey Ralph“. Das Vorprogramm muss dem Haupt-Act schließlich atmosphärische Luft nach oben lassen.
Die Stimmung war trotzdem prächtig, woran Beiträge wie „Wake the Dogs“, „Whatever Happened to the 80’s“, „Stop the Clocks“, „We’re Not Gonna Take It“ oder der innige Feuerzeugschwenker „So Long“ regen Anteil hatten. Die Bühnenpräsenz der Ibbenbürener war ohnehin gewohnt tadellos. Die erwähnte Luft nach oben wurde schlagartig weggeblasen, als DIE TOTEN HOSEN die Bühne betraten. Ihr zweistündiger Auftritt, bei dem die inflationäre Hymne „An Tagen wie diesen“ gemäß Katastrophenhintergrund ausgespart blieb, wurde zeitlich so gelegt, dass auch das Fortuna-Publikum nach dem Heimspiel (und -sieg) noch rechtzeitig in die Spielstätte kommen konnte. Das nennt man Dienst an der Fanbasis.
Dass die HOSEN eine herausragende Live-Band markieren, dürften auch all jene nicht bestreiten, die mit der Musik von Campino & Co. sonst weniger anfangen können. Denn bereits beim eröffnenden „Wünsch dir was“ war die Stimmung auf dem Siedepunkt. Ihr an Hits reiches Wirken sorgte bei perfektem Sound auch in der Folge für einhellige Begeisterung – dabei wurden u. a. „Paradies“, „Bonnie & Clyde“, „Liebeslied“, „Wannsee“, „Pushed Again“, „Steh auf, wenn du am Boden liegst“, „Alles aus Liebe“, „Hier kommt Alex“, „Schönen Gruß, auf Wiederseh’n“ und das Hannes-Wader-Cover „Heute hier, morgen dort“ vorgetragen.
Für stimmliche Unterstützung sorgte, neben Uhlmann (bei „Reisefieber“), auch BROILERS-Sänger Sammy Amara, der mit Campino den COCK SPARRER-Klassiker „Where Are They Now?“ zum Besten gab. Nahezu alle DONOTS kamen zudem auf die Bühne, um den ÄRZTE-Evergreen „Schrei nach Liebe“ sowie „All die ganzen Jahre“ zu unterstützen. Zum krönenden Abschluss schmetterte das Band- und Gästekollektiv die Liverpool-Hymne „You’ll Never Walk Alone“. Bei aller Ausgelassenheit erinnerte Campino in bisweilen pastoraler Manier an den traurigen Hintergrund der Veranstaltung. Dabei gab er auch Zwischenstände über das Spendenvolumen ab, die das Publikum mit gebührendem Applaus bedachte. Am Erfolg des Auskommens konnte bei dieser Benefiz-Show aber ohnehin kein Zweifel bestehen.