22.08.2021 – Detlef – Krefeld, SchlachtGarten

Die Kultur ist zurück. Mit echten Konzerten, ohne Maskenpflicht und Abstandsgebot. Na gut, sitzen war auch im Biergarten neben der Krefelder Kulturfabrik geboten, aber wer will sich daran schon stören, wenn es endlich wieder Livebeschallung auf die Ohren gibt? Und dann auch noch von DETLEF, den gut gelaunten Hasskappen, die der Asche von SUPERNICHTS entstiegen wie der sprichwörtliche Phönix.

Ein bisschen Enttäuschung war dennoch angebracht. Denn ALL ABOARD!, die Bakraufarfita-Labelkollegen der drei Detlefs mussten ihren Auftritt aufgrund persönlicher Angelegenheiten kurzfristig absagen. Und das so kurzfristig, dass auf die Schnelle kein Ersatz gefunden werden konnte. Doch DETLEF sind Entertainer genug, um die Stimmung auch im Alleingang anzuheizen. Das heißt: wenn sie denn pünktlich erscheinen. Am Vortag hatte das Trio auf dem „Riot & Passion“-Festival in Thüringen gespielt. Wie sehr das geschlaucht haben musste, war vor allem Drummer Detlef Löber anzumerken, dem das Prädikat „übernächtigt“ durchaus deutlich aus den Augenrändern lugte.

Die Verspätung des einsamen Headliners scherte unter den rund 50 Anwesenden allerdings niemanden. Schließlich lockte der Sonntagnachmittag mit Sonne und wohl temperiertem Getränkevorrat. Und natürlich die Aussicht auf DETLEF. Als die um kurz nach halb fünf in gewohnt gleichsamer Montur die Freilichtbühne betraten, brauchte man sich um ausgelassene Stimmung keine Sorgen zu machen. Was folgte, waren 80 Minuten Untergrund-Himmel mit Hits, Humor und Hasstiraden.

Der Deutsch-Punk der Kölner steht dem von SUPERNICHTS auch live in nichts nach. Nur die Polonaise fehlt. Dabei wäre die schlussendlich sogar möglich gewesen. Spätestens im letzten Drittel des Auftritts hielt es nämlich kaum einen Zuschauenden mehr auf der Bierbank. Das Set hielt neben Krachern aus dem DETLEF-Fundus auch wieder Ausflüge ins Schaffen von SUPERNICHTS bereit. Dabei durften sich die Anwesenden über „Toyota“, „Viva El Paraguay“, „Kapitalismus nein danke“, „Besame Mucho“, „Gestern auseinandergelebt“, „Mittelscheitel“ und „Du und deine scheiß FDP“ freuen – wobei der letztgenannte Klassiker aus dem Pulk den allgemein erheiternden Ausruf „Manchmal wünsche ich mir Guido Westerwelle zurück“ provozierte.

Die beiden DETLEF-Langspieler beackerte das Trio u. a. mit „Just Like Donnerstag“, „Männer die gern Tanzen“, „13 Tonnen Dreck“, „Neulich an der Resterampe“, „Was Glück ist“, „Altbau“, „Nur die Besten sterben dumm“, „Scheiße ich muss pissen“ und „Barclay James Harvest“ vom Debüt „Kaltakquise“ sowie „Am Tag des guten Lebens“, „Ich hasse Kopenhagen, obwohl ich noch nie da war“, „Wie kann man sich nur nicht für Fußball interessieren?“, „Würdet ihr bitte euer scheiß Maul halten?“, „Keine Zeit für Geld“, „Auge um Auge, Schnaps um Schnaps“, „Alle gegen alle“, „Casual Friday“, „Übergangsjacke“ und „Rooftop Bar“ vom Zweitwerk „Supervision“.

In entspannter, durch angereiste Freunde und Verwandte fast familiärer Atmosphäre legten DETLEF einen erstklassigen Auftritt hin. Das Vergnügen daran war auch Detlef Löber anzumerken, der im späteren Verlauf verlauten ließ, er sei nun warm gespielt. Daran anknüpfend hätte das Dreigestirn ohne Aufmerksamkeitsverlust noch Stunden weitermachen können. Denn auch die nachmittäglichen Plärrattacken von Detlef Meurer (gerade mit Blick auf die anwesenden Kinder) oder die heiteren Ansagen von Detlef Damm ließen den Unterhaltungswert steigen. Bis zum Weltkulturerbe ist es also nur noch ein kleiner Schritt. Sollte der auf sich warten lassen, freuen wir uns eben auf echte Konzerte mit Nähe. Und natürlich gut gelauntem Hass. Danke dafür!

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