
Es gibt Bands, von denen hört man, ohne zu wissen, was einen erwartet. PETE THE PIRATE SQUID eilt in der Hauptstadt ein Ruf voraus, der hellhörig werden lässt. Im urbanen Treiben wispert es hier und da ihren Namen. Respektvoll, beinahe ehrfürchtig. Dem Legendenstatus auf der Spur bot sich die Supportshow für Frankreichs Post-Hardcore-Heroen AMANDA WOODWARD als Bestandsaufnahme regelrecht an.
Akustisch zählt das Kreuzberger Tommy Haus nicht zu den Aushängeschildern Berlins. Die schnoddrige Atmosphäre allerdings wiegt manches auf. So auch diesmal. Etwa 80 Besucher verirrten sich in den Hinterhof nahe des Willy-Brandt-Hauses und erlebten zu vorgerückter Stunde ein echtes Highlight: PETE THE PIRATE SQUID. Das Quartett in gleichwertiger Geschlechtermischung spielte Hardcore mit Post davor und Emotionen dahinter. Ohne Screamo-Anbiederungen, ohne Emo-Weichspüler. Männlein und Weiblein am Mikro sangen sich im lautstarken Duett den Belag von den Lungenflügeln und brachten die Nackenhaare ob ihrer mitreißenden Darbietung in aufrechte Position. Der Mehrwert der Melodien lag im Verzögerungsmoment, die Begeisterung des Publikums in der dichten Stimmung. Die Anwesenden einte die Freude an der Bewegung, kaum jemand verharrte in Regungslosigkeit.
So gut, so begeisternd PETE THE PIRATE SQUID den Abend auch eröffneten, AMANDA WOODWARD versetzten mit ihrer ansteckenden Energie geradezu in Staunen. Wie ein Lauffeuer brachte ihr wuchtiger, von den harten französischen Vocals getriebener Hardcore den Saal zum Kochen. Die Ausgewogenheit erreichten große Melodien, die das harsche Element in seiner Wucht verstärkten und gleichsam milderten. Ohne Verschnaufpause führte das Gespann, welches in seiner Leidenschaft an die frühen STANDSTILL erinnerte, durch ein Set voller Ecken und Kanten. Der Sound dröhnte dem Tommy Haus entsprechend aus den Boxen, geriet der Band aber aufgrund des kontinuierlich wabernden Klangbollwerks noch zum eigenen Vorteil. In Front der Bühne schüttelten sich Haarmähnen, stieg der Dunst konsumierten Marihuanas auf. Ob so oder so, dieses Gastspiel war einer der absoluten Höhepunkte des Konzertjahres 2006 – auch PETE THE PIRATE SQUID wegen.
Den Konzerten im Tommy Haus zu Eigen ist auch das bierselige Nachspiel. Das Publikum sucht den Dialog mit den Musikern – oder umgekehrt. Es wird getrunken, mitunter verschiedentlich geraucht, gekickert und gelacht. Die Jungs von AMANDA WOODWARD erfreuten sich des Anklangs und ließen sich nur zu gern in Gespräche über ihre Musik, Gott und die Welt verwickeln. Ein Abend für die Ewigkeit. Wenn nur der Kater danach nicht wäre.