Die Schönheit des Independent-Kinos liegt in der Vernachlässigung von Handlungen. Statt Aktionen gibt es Dialoge. Da wird geredet und geredet, was nicht selten zur existenzialistischen Sinnsuche gerät. Julie Delpy („Killing Zoe“) spielte zweimal unter Richard Linklater und flanierte mit Filmpartner Ethan Hawke endlos schwafelnd durch Wien, bzw. Paris. Dies minimalistische Konzept des Kinozwillings „Before Sunrise“/„Before Sunset“ scheint abgefärbt zu haben, denn ihr „2 Tage Paris“ wirkt oftmals wie der sarkastische Neuanstrich des Themas. Vergleiche mit Woody Allen scheinen darüber unumgänglich.
Ein Gegensatz ist das Setting. Während Allen New York stets als zusätzlichen Protagonisten ins Rechte Licht rückte, bleibt die Seine-Metropole trotz Delpys tiefer Verwurzelung eher schmückendes Beiwerk. Es ist ihre Stadt, das wird unmissverständlich klar, und wird es auch immer bleiben. Das Bild entspricht nicht dem einer Postkarte und ebenso wenig dem flüchtigen Blick aus dem Fenster eines eilig die Sehenswürdigkeiten abklappernden Reisebusses. Der Titel wirkt gehetzt, der Film aber ist es nicht. Er ist hektisch, zumindest was die losen Wasserfälle geschliffener Dialoge betrifft, die sich von den Zungen der Figuren lösen. Dort liegen die unübersehbaren Parallelen zu Allen.
Auch bei der eher beiläufigen Charakterisierung. Da ist die französische Fotografin Marion (Delpy), die seit zwei Jahren mit dem amerikanischen Innenarchitekten Jack (Adam Goldberg, „Man About Town“), einem rauchenden Hypochonder, liiert ist. Gemeinsam leben sie in den Staaten, verbringen nun aber gemeinsame Zeit in Europa. Ein Besuch ihrer Eltern darf da selbstredend nicht ausbleiben. Jack ist ein Kulturbanause, jene Art flammender Yankee, auf die der europäische Anti-Amerikanismus bevorzugt Öl der Vorurteile träufelt. Französisch spricht er nicht, was Marions Familie, die wiederum kaum Englisch versteht, zu anhaltenden Lästertiraden einlädt.
Delpy läuft Gefahr, dass man die Kunstfigur der Marion, wiederum dem großen Woody Allen gleich, mit ihr verwechselt. Sie provoziert es aber auch, wenn sie ihre leiblichen Eltern auch als ihre Filmeltern einsetzt. Die sind über ein Nacktfoto des Amerikaners mit Helium gefüllten Ballons am Genital amüsiert. Jack erfreut das weniger. Zumal er ein ähnliches Bild von einem Verflossenen der Partnerin in ihrem alten Mädchenzimmer findet. Die Eifersüchteleien ob Marions zahlreicher Liebesbekanntschaften nehmen zu. An diesem Misstrauen droht ihre Beziehung zu zerbrechen. Ausgerechnet in Paris, der Stadt der Liebe.
Bei den Dialogen hört man kein Papier rascheln, sie scheinen direkt dem Leben zu entspringen. Das birgt einen Charme, der sich der Improvisation nähert. Der deutsche Produktionsanteil gebietet eine Nebenrolle von Daniel Brühl („Goodbye Lenin“) als militanter Politaktivist. Weil die aber weder der Film, noch der Zuschauer wirklich braucht, bleibt er lediglich ein Eindruck, flüchtiger Hauch einer ebenso flüchtigen Abhandlung. Die folgt Sinn und Unsinn der Liebe. Auf ein Happy End mag auch Autorenfilmerin Delpy nicht verzichten. Davor aber liegt eine teils urkomischer Posse, die liebenswert, verschroben und lebensnah zugleich ist.
Wertung: (7,5 / 10)