17.07.2016 – Ignite / The Other / My Defense – Köln Essigfabrik

handlemedown-ignite-koeln-2016Auftritte von IGNITE sind immer eine Reise wert. Das verdeutlichte auch ihr jüngstes Gastspiel in der Kölner Essigfabrik. Nicht allein aufgrund der mitreißenden 80 Minuten, in denen die kalifornischen Hardcore-Punks alte wie neue Hits präsentierten, sondern auch wegen der neuerlich offenbarten positiven Attitüde. Mehrfach bedankte sich die Band dafür, dass trotz Sonntag, Sommerwetter und Festivalsaison so viele Menschen (geschätzt 600) ihren Weg in den Club am Rhein gefunden hatten. Für selbstverständlich, das wollte Frontmann Zoli Téglás sichergestellt wissen, nehmen sie ihren Status nicht.

Der Pulk honorierte Sympathie und Set mit reger Bewegungsfreude und zeugte einmal mehr von Textsicherheit. Dass ein Gitarrist fehlte und manche Songs ein wenig gebremst wirkten, wurde durch Einsatz (vor wie auf der Bühne) und Atmosphäre locker wettgemacht. Bei den pünktlich um halb acht beginnenden MY DEFENSE war davon noch wenig zu spüren. Die Kölner Hardcore-Fraktion blickte vor der Stage in ein stattliches Loch, was dem Fünfer allerdings nicht die Spielfreude verhagelte. Der punkige Sound dröhnte zwar bis zum Rande der Taubheit aus den Boxen, sehenswert war ihr Gig aber allemal. Mit amüsanten Ansagen und energetischer Darbietung sorgten sie für gesteigerte Kurzweil. Ein wenig mehr Aufmerksamkeit hätten sie zweifelsfrei verdient gehabt.

Was folgte war… Metal. Der Kontrast war erstaunlich groß, als THE OTHER über 40 Minuten sämtliche Grusel-Klischees vertonten. Das ebenfalls in der Domstadt ansässige Gespann weckte durch aufwändige Kostümierungen zunächst den Verdacht klassischer Verfechter des Horror-Punks. Stattdessen wurde Power-Metal aufgefahren, der keineswegs schlechte Eindrücke hinterließ, vom musikalischen Kern des Abends aber ein gutes Stück entfernt rangierte. Die Band selbst sah es genauso und machte das Beste daraus. Jedermanns Sache war es nicht, eine überzeugende Show lieferten sie trotzdem ab.

Der zu erwartende Höhepunkt ließ danach nicht lange auf sich warten. Zehn Jahre ohne Studioalbum haben der Beliebtheit von IGNITE keinen Abbruch beschert. Viele neue Zuschauer schienen sie trotz exklusiver NRW-Show und respektabler Chartsplatzierung ihres neuen Albums „A War Against You“ aber nicht angelockt zu haben. So blieb es eine Art Abend unter Freunden, bei dem die Beiträge des jüngsten Langspielers – darunter der Titeltrack, „Oh No, Not Again“, „How is This Progess?“ und das der deutschen Fußballnationalmannschaft gewidmete „Begin Again“ – mit einigem Wohlwollen, jedoch ohne zwingende Ekstase begleitet wurde. Anders der Auftakt, bei dem mit „Veteran“ gleich ganz großes Kino aufgefahren wurde – und mit Publikums-Stimmgewalt für reichlich Gänsehaut gesorgt wurde.

Große Überraschungen gab es in der Folge nicht. Dafür stattliche Begeisterungsstürme, was bei Songs des Kalibers „Poverty for All“, „Let It Burn“, „Fear is Our Tradition“, „Know Your History“, „A Placed Called Home“ oder „Run“ auch nicht weiter verblüffte. Mit „Take It Away“ und „Man Against Man“ kamen zudem die alten Fans auf ihre Kosten. Nicht fehlen durften natürlich auch „Sunday Bloody Sunday“ und „Live for Better Days“. Nach rund 70 Minuten folgte mit „Bleeding“ der zu erwartende Abschluss, doch obwohl danach gleich auf Konserve geschaltet wurde, blieb der Pulk hartnäckig und wurde zum Abschluss mit „In My Time“ und „Who Sold Out Now“ belohnt. Ein insgesamt packender Auftritt mit Leidenschaft, politischen Zwischentönen und kollektiver Feierlaune. IGNITE sind eben immer eine Reise wert.

scroll to top