17.03.2012 – Pianos Become the Teeth / Goodtime Boys – Köln Underground

pbtttour2012Für gewöhnlich sind Menschen, die am Leid anderer Gefallen finden, eher unangenehme Zeitgenossen. Bei Musikfans ist das anders. Vor allem dann, wenn sich ein ganzes Genre aus Verzweiflung und Wut zu speisen scheint. Aber der Post-Hardcore wirkt mit seinem umfassend desperaten Stimmungsbild wie ein Ventil, das für Urheber und Zuhörer gleichermaßen Linderung verspricht. Oder zumindest das Gefühl verbreitet, nicht das einzige problembehaftete Individuum zu sein.

Eine der Bands, die vom derzeitigen Genre-Auftrieb am deutlichsten profitieren, ist PIANOS BECOME THE TEETH. Der Fünfer aus Baltimore trifft mit seinem zweiten Album „The Lack Long After“ den richtigen Ton, was im Post-Hardcore geschriene Vocals in Screamo-Tradition und melodische Vielschichtigkeit fern stumpfen Hardcore-Geballers bedeutet. Auf ihrer neuerlichen Europa-Tour wurden sie von den walisischen GOODTIME BOYS begleitet, die im kleinen Konzertraum des Kölner Underground einen ansprechenden Anheizer gaben. Nur das Publikum hielt sich mit Reaktionen zurück.

Natürlich spendeten die rund 120 Zuschauer artig Applaus, zwischen den Songs herrschte aber eine seltsam bedrückende Stille vor. Die GOODTIME BOYS indes gaben ausreichend Anlass zur Anteilnahme. Sänger Alex Pennie warf sich ins Publikum und bellte zu bisweilen chaotischen Klängen Texte über Enttäuschung und Verlust (hervorzuheben bleibt „Reunion“, das seinem plötzlich verstorbenem Vater gewidmet ist) ins Mikro. Nach einer guten halben Stunde war die ansprechende Vorstellung schon wieder vorbei. Die Show musste wegen einer Party schließlich schon um 22 Uhr ein Ende finden.

Die von PIANOS BECOME THE TEETH gebotenen rund 45 Minuten sorgten für deutlich mehr Bewegung im Pulk. Vereinzelt wurden Texte mitgebrüllt, während die Band um Frontmann Kyle Durfey bei solidem Sound intensive Momente in Serie bescherte. Das aktuelle Album wurde nahezu vollständig gespielt, wobei das eröffnende „I’ll Be Damned“ oder auch „Liquid Courage“ nah am Gänsehautmoment rangierten. Zur Zugabe ließen sich die Jungs zwar etwas bitten, das final gebotene „Filial“ spornte aber auch die agile Zuschauerschaft noch mal gehörig an. Das Kollektiv-Prinzip der Linderung funktionierte an diesem Abend jedenfalls prächtig.

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