Die Wahrheit ist ein fragiles Gut. Gebeugt wird sie meist, um bestimmte Emotionen zu erzeugen. Das zeigt sich u. a. bei zeitgenössischen, auf Angst und Empörung spekulierenden Populisten. Auch die internationale Filmwirtschaft macht sich den freien Umgang mit Fakten zunutze, um durch aufgebauschte dramaturgische Zuspitzung Spannung oder Anteilnahme zu forcieren. Der meist in einleitenden (oder abschließenden) Texttafeln transportierte Vermerk „Basierend auf wahren Begebenheiten“ ist daher kein Indikator für eine wahrheitsgemäße Aufarbeitung tatsächlicher Ereignisse. Dafür steht auch der französische Polit-Thriller „15 Minutes of War“, der neben wesentlichen Aspekten der Geschichte die kontroverse Kolonialgeschichte der einstigen Weltmacht Frankreich konsequent ausspart.
Auch der von Fred Grivois („Through the Air“) visuell patent gereichte Film beginnt mit Texteinblendungen. Sie verweisen auf das Aufeinanderprallen von Weltanschauungen. Die Folge: Widerstand und Terrorismus. Was klingt wie ein Blick in die Gegenwart, zielt jedoch ins Jahr 1976, auf die letzte französische Kolonie Dschibuti. Um die Erlangung der Unabhängigkeit zu erstreiten, bringt eine Gruppe bewaffneter Männer (u. a. Kevin Layne, „Conditions“) einen Bus mit 21 Schülerinnen und Schüler in ihre Gewalt; in der Hauptsache Sprösslinge französischer Armeeangehöriger. Ziel ist das benachbarte Somalia. Auf dem Weg zur Grenze wird das Gefährt jedoch gestoppt und strandet im Niemandsland zwischen den Staatsgebieten.
Während hinter beiden Grenzzäunen Soldaten aufmarschieren, wird aus Frankreich eine fünfköpfige Scharfschützen-Spezialeinheit um Hauptmann Gerval (Alban Lenoir, „Goal of the Dead“) nach Dschibuti geschickt, um die Situation zu bereinigen. Unerwartete Hilfestellung leistet ihnen Lehrerin Jane Andersen (Olga Kurylenko, „James Bond 007 – Ein Quantum Trost“), die sich, um die Kinder zu schützen, selbst in die Gewalt der Entführer begibt. Der ansässige General Favrart (Vincent Perez, „Die Königin der Verdammten“) ist nicht gewillt, die sich in sengender Hitze beständig zuspitzende Lage ohne Befehl aus Paris zu entschärfen. So harren Gerval und Getreue, darunter auch CIA-Agent Shafer (Ben Cura, „Gun Shy“) unter der Sonne aus, bis die drohende Eskalation ein eigenmächtiges Eingreifen zur Rettung der Geiseln unabdingbar macht.
Der verklärende Heldenmut weniger mündet – allein zur Freude eines Action-orientierten Publikums – in ein finales, von Kopfschüssen gesäumtes Scharmützel, das den realen Hintergrund kalkuliert verzerrt. In Wahrheit konnten die meisten Kinder durch die kontrollierte Kooperation zwischen Armee und Scharfschützen gerettet werden. Die Opfer auf somalischer Seite fielen dabei beileibe nicht derart zahlreich aus, wie es Grivois vorgaukelt. Aus einer Warte purer Kinounterhaltung mag das Vorgehen der Macher verständlich erscheinen. Immerhin kommt „15 Minutes of War“ schnell zur Sache und wird ungeachtet der Schwere des Themas mit einer gewissen Lässigkeit ausgebreitet. Die Ermangelung kritischer Töne und der spürbar laxe Umgang mit Fakten wiegen aber schlicht zu schwer, um den zweifelsfrei ansehnlichen, insgesamt jedoch zu sehr auf Entertainment-Standards pochenden Film nachhaltig im Gedächtnis zu verankern.
Wertung: (5,5 / 10)