Eine Combo wie LAGWAGON ist für unzählige Thirty-Somethings unweigerlich mit einer Menge schöner Erinnerungen verbunden. Für den Verfasser dieser Zeilen sind es unter anderem Teenager-Sommer mit Bier und lauter Musik, (als Teil davon) das Bizarre-Festival ’98 oder legendäre Konzert-Packages wie AVAIL, BOUNCING SOULS und natürlich LAGWAGON. Das war 1999 in der Kölner Live Music Hall und die Mannen um Joey Cape eineinhalb Jahrzehnte später an selber Stelle neuerlich zu erleben, war nicht weniger als eine Zeitreise mit gesteigertem Nostalgiewert.
Dazu bei trugen auch die wiedervereinigten SKIN OF TEARS, die ebenso fester Bestandteil jenes erlauchten Zirkels sind, den man Ende des letzten Jahrtausends zünftig abfeierte. Nun sind wir alle, Bands und Fans, ein gutes Stück älter geworden, an ausgelassener Feierlaune mangelt es uns aber offenkundig nicht. Das zeigte sich zumindest bei LAGWAGON, die Sänger Joey zeitweilig (u.a. bei „Violins“, „Sleep“ oder „Alien 8“) gar nicht gebraucht hätten und sich voll auf die stimmliche Unterstützung der geschätzt 1.100 Zuschauer verlassen konnten. Bei SKIN OF TEARS sah das allerdings noch völlig anders aus.
Denn als die Wermelskirchener um halb acht das noch spärliche Aufkommen des im Durchschnitt locker über dreißigjährigen Publikums beschallten, war das Interesse höchst überschaubar. Schade eigentlich, denn das Set bot mit „Relentless“, „Boys of Summer“, „Way Down Inside“ oder „Wild World“ liebgewonnene Hits in Serie und der Spaß an der Sache war dem Trio durchweg anzumerken. Es folgten die mit großer Ambition ins Bewusstsein der alternativen Masse strebenden THE GOGETS aus Wien. Die bieten eine gefällige Mischung aus Rock, Pop-Punk und Alternative, wollten an diesem Abend aber nicht so recht ins Gesamtprogramm passen.
Vielleicht lag es an den Rockerposen, vielleicht am vergleichsweise soften Einschlag, der Nummern wie „Captain“ oder „Determination“ anhaftet. Sie wirkten insgesamt weniger nahbar, weniger rotzig und weniger schnörkellos. Ein schlechter Auftritt war es nicht, nur hätte er vermutlich einen anderen Rahmen gebraucht. Die Stimmung in der mittlerweile adäquat gefüllten Halle stieg erst mit SCHEISSE MINNELLI, die old-schooligen Hardcore-Punk mit White Trash-Attitüde vorlegten und ob der unbändigen Energieleistung für manch staunendes Gesicht sorgten.
Die deutsch-amerikanische Combo aus Frankfurt lieferte eine großartige Show mit räudigen Smashern en masse (u.a. „Looking Glass, „The Room of Doom“, „Cycle of Abuse“). Ein Höhepunkt war das WASTED YOUTH-Cover „Fuck Authority“, bei dem deren Drummer am Schlagzeug Platz nahm, während sein Sohn die Background-Shouts lieferte. Rundum geile Scheisse! Als Fazit kann das gleich auch für LAGWAGON stehen bleiben, die den Pulk gleich mit dem eröffnenden „After You My Friend“ in die bewegungsreiche Verzückung trieben. Dabei sollte es bleiben, denn die rund 75-minütige Show widmete sich fast ausschließlich alten Hits.
Die kamen in der ersten Hälfte vorrangig von den ersten beiden Platten „Duh“ („Angry Days“) und „Trashed“ („Island of Shame“, „Know It All“, „Lazy“, „Coffee and Cigarettes“ etc.), wurden durch Beiträge von „Hoss“ („Sick“, „Bombs Away“, „Razor Burn“), „Double Plaidinum“ („Making Friends“) und „Let’s Talk About Feelings“ („May 16th“) aber trefflich ergänzt. Joey Cape schien angesichts der unermüdlichen Partizipation der Meute vor der Bühne ein wenig überrascht. Aber warum eigentlich? Nur weil wir alle älter geworden sind, heißt das nicht, wir hätten vergessen, wie ein klassischer Konzertabend gestaltet werden muss. Für diesen Rückfall in die Teenager-Zeit ein herzliches Dankeschön!