11.04.2010 – AC4 / Off the Hook – Berlin Cortina Bob

ac4-bandDer Weg von AC4 ist der unzähliger Underground-Combos. Vier Freunde, mit Punk und Hardcore aufgewachsen, verleihen ihrer Liebe zur Musik durch die Gründung einer eigenen Band Ausdruck. Das ist zwar ehrlich, aber weder neu und erst recht nicht spektakulär. Vermutlich würde sich auch kaum jemand für die vier Schweden interessieren, wäre da nicht der Name Dennis Lyxzén. Mit REFUSED offenbarte er „The Shape of Punk to Come“ und stieg mit THE (INTERNATIONAL) NOISE CONSPIRACY zur gehypten Retro-Rock-Größe auf. 

Nun kann man trefflich darüber streiten, ob die Rückkehr zu den eigenen Wurzeln eine Art Läuterung oder sogar Systemkritik darstellt. Nicht erst seit dem Besuch des AC4-Konzerts in der Berliner Konzertkneipe Cortina Bob weiß der Autor dieser Zeilen diese Frage für sich eindeutig zu beantworten: Es geht nicht um Politik, sondern allein um Musik! Gut, die Texte sind im Sinne des klassischen Punks so simpel wie rebellisch. Doch Lyxzén und seine Mitstreiter, unter denen sich auch REFUSED-Drummer David Sandström findet, suchen einfach den Spaß des zwanglos unbekümmerten Musizierens. Dass der Sänger bereits durch die bloße Erwähnung seines Namens für Aufmerksamkeit sorgt, mag der Band zweifelsfrei entgegenkommen. Nur kostet ihn der Vierer nicht als Sprungbrett eines weiteren Standbeins aus. 

Überhaupt war die Lust auf die kleinen Bretter spürbar, den verrauchten Muff und die Gleichstellung von Musikern und Publikum. Ikonen hin oder her, hier ging es verdammt noch mal um eine gute Zeit! Eröffnet wurde die vom Berliner Support OFF THE HOOK, der pünktlich um 18 Uhr (!) sein Set anstimmte. Wer wollte, durfte sich vom Hardcore-Punk der munteren Hauptstädter an die Hochphase des Schweden-Core und die frühen Tage von Vertretern wie RAISED FIST, MISCONDUCT oder SATANIC SURFERS erinnert fühlen. Eine Offenbarung war der Auftritt sicher nicht. Aber ein paar gut platzierte Oohs, Aahs und mehrstimmige Refrains machten doch sichtlich Lust auf mehr. 

Die geschätzten 120 Besucher ließen sich bei AC4 nicht lange bitten. Nein, zum Tollhaus wurde das Cortina Bob an diesem frühen Abend nicht. Aber die Stimmung im Saal war großartig. Auf der kleinen Bühne sowieso. Die 15 Songs des selbstbetitelten Debütalbums bringen es auf knapp 21 Minuten. Mit EP-Beiträgen reicht die Munition nicht mal für eine halbe Stunde. Also wurde das Programm durch üppige Ansagen und die enorm unterhaltsame interaktion mit dem Publikum auf eine Dreiviertelstunde gebläht. Grund zur Beschwerde gab es indes nicht. Die so kurzen wie prägnanten Böller (u.a. „Where Are the Kids“, „Coptown“, „I Can Do It“) machten einen Heidenspaß und raubten dem extrem entspannten Schreihals Lyxzén immer wieder den Atem. 

Politisch wurde es nicht. Wozu auch? Dies war einfach nicht der Rahmen für in Polemik gegossene Phrasen. Stattdessen ließen die Schweden ihrer Unkenntnis über deutsche Schimpfwörter freien Lauf – angeboten wurden „Preisknüller“ und „Tannenbaum“ – oder trauerten dem durch Lukas Podolski eingeleiteten Ausscheiden ihrer Nationalmannschaft bei der Fußball-WM 2006 in und gegen Deutschland nach. Mit ihrem Spaßprojekt setzen die langjährigen Freunde das richtige Zeichen. Musik muss sich nicht lohnen, sie muss von Herzen kommen. Unterstrichen wurde diese nur in den Köpfen emotionsloser Spötter inflationäre Philosophie mit einem Eintrittspreis von schlappen 7 Euro und einem kollektiven Grinsen, das unmöglich hätte breiter ausfallen können. Bleibt zu hoffen, dass Musiker und Zuschauer an AC4 noch lange Freude haben werden! 

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