10.11.2022 – Muff Potter / Die Arbeit – Düsseldorf, Zakk

Aktuell mangelt es, Corona hin oder her, nicht an Möglichkeiten, Musik live zu erleben. Woran es fehlt, ist das Publikumsaufkommen der prä-pandemischen Ära. Spürbar wurde dies auch bei MUFF POTTER, die im (vagen) Rahmen der MTV European Music Awards im Düsseldorfer Zakk aufspielten. Gekommen waren schlussendlich rund 350 Menschen, um die Indie-Punks aus Rheine/Münster zu erleben. Und zu feiern.

Davor, pünktlich zum Tagesschau-Anpfiff: DIE ARBEIT. Dem noisigen Intro folgten Indie-Klänge mit Anlehnungsspektrum zwischen Rio Reiser und TOCOTRONIC. Immer ein bisschen sperrig, aber mit genug Ausbrüchen, um nicht zu verkopft zu erscheinen. Der Gesang blieb meist melodisch gesprochen. Auch das zahlte auf das Stimmungsbild ein, das in Songs wie „Scherben“ oder „Probleme“ Ausdruck fand. Unter dem Strich eine gelungene Darbietung – vor allem aufgrund der leidenschaftlich lärmenden Krach-Rock-Passagen. Allerdings wussten die Anwesenden ungeachtet des verdienten Applauses, für wen sie gekommen waren.

Wer glaubte, aufgrund des Starts um zehn nach neun, früh in die Federn zu kommen, hatte die Rechnung ohne MUFF POTTER gemacht. Der Vierer sorgte – inklusive zwei Zugabenblöcken – für fast 100 Minuten Beschallung und ließ es dabei zu keiner Zeit an der gewohnten Leidenschaft mangeln. Dass die Jungs ihr jüngstes Werk, „Bei aller Liebe“, mit Stolz präsentieren würden, schien erwartbar. Trotzdem überraschte, dass die Platte, verteilt über das Set, in voller Gänze dargeboten wurde.

Mit „Killer“, „Ich will nicht mehr mein Sklave sein“ und „Flitter & Tand“ gehörte bereits der Auftakt dem aktuellen Album. Mit „Gute Aussicht“ und dem zünftig gefeierten „Wenn dann das hier“ zeigte sich anschließend, dass dem Pulk mehr an musikalischer Zeitreise gelegen war. MUFF POTTER entsprachen diesem Wunsch in den richtigen Momenten, nach ausgiebigen „Bei aller Liebe“-Widmungen, u. a. mit „Das seh ich erst wenn ich’s glaube“, „Von wegen“, „Take a Run at the Sun“, „Fotoautomat“ und dem heftig gefeierten „Wir sitzen so vorm Molotow“.    

Der Sound wirkte mitunter etwas verwaschen, brachte aber immer den richtigen Druck mit. Hinzu kam der unerschütterliche Sympathiefaktor. Als Beleg möge die flüchtige Frage von Sänger Nagel in Hälfte zwei des Konzerts dienen: „Wer ist besser drauf als vor einer Stunde?“ Die Antwort des Publikums war eindeutig. Dazu passte das gehobene Durchschnittsalter der Anwesenden. Jungvolk suchte man einmal mehr vergebens. Wenn weniger Menschen Konzerte besuchen, bleibt eben zumeist der Kern der eingefleischten Befürworter*innen übrig. Ein Nachteil erwuchs daraus auch diesmal nicht. Bleibt also nur das Fazit: schön war’s!

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