Niemals geht man so ganz. Wenn Bands von internationalem Renommee ihre Auflösung bekannt geben, bleiben neben der Diskographie die Erinnerungen. Sie verweisen auf Momente, die man der Musik zuordnen kann. Festmachen lassen sich diese besonders an Konzerten. Davon haben EXPIRE viele gespielt. In den sieben Jahren ihres Bestehens waren die Jungs aus Wisconsin allein acht Mal in Europa unterwegs. Das schafft Verbundenheit. Von der war auch ihr Abschiedsgig im Oberhausener Resonanzwerk geprägt, der von geschätzt 500 Anwesenden zum Teil frenetisch abgefeiert wurde.
Ihren zweifelsfreien Anteil daran hatten auch die prominenten Support-Bands. Neben den Kanadiern COUNTERPARTS, die sich in den vergangenen Jahren in die Speerspitze des modernen Hardcores vorkämpfen konnten, sorgten die britische Post-Hardcore-Fraktion LANDSCAPES sowie KNOCKED LOOSE aus Kentucky für brachiale Klänge. Das besondere Moment rührte aber nicht allein daher, dass EXPIRE auf ihrer finalen Visite von erlesenen Freunden und Weggefährten begleitet wurden, sondern dass vier verschiedene Genre-Stile aufeinanderprallten, die nebeneinander erstaunlich abwechslungsreich funktionierten.
Der frühe Beginn gehörte KNOCKED LOOSE, die auf eine schwer metallische Kante setzen und durch stampfende Rhythmen für erhöhtes Kopfnicken im gut gefüllten Saal sorgten. Den Raum vor der Bühne beanspruchten diverse Hobby-Karatekas, deren Einsatz Pit-Monster wie „All My Friends“, „No Thanks“ oder „The Rain“ aber zu voller Wirkung brachten. Bei LANDSCAPES offenbarte sich darauf der Schwachpunkt des Abends: die Akustik. Die wirkte sich weniger auf die Instrumente als vielmehr die häufig in den Hintergrund rückenden Shouts aus. Mit mal ruppigen, mal melodischen Nummern wie „Radiance“ oder „Heaven Ascended“ war zwar für ausreichend atmosphärische Beschallung gesorgt, in Begeisterung wollte der Pulk jedoch nicht verfallen.
Bei COUNTERPARTS änderte sich dies überraschenderweise nur bedingt. Die vorderen Reihen grölten mit, was die Kehlen hergaben und auch die Band ging gut nach vorn. So richtig vom Hocker riss der moderne, mal punkige, mal metallische Hardcore trotz stattlicher Hitdichte (u.a. „Compass“, „Wither“, „The Constant“, „The Disconnect“) aber nicht. Vielleicht war das aber gar nicht so schlecht, steigerte sich die Vorfreude auf EXPIRE doch in stattlichem Maße. Die gingen ihren Abschied wenig emotional an, platzierten hier und da eine üppige Ansage inklusive ausgiebigem Dank an die übrigen Musiker und lieferten eine Performance ab, die keinen Grund zur Beanstandung lieferte.
Dass die Show nach kaum mehr als 40 Minuten schon wieder vorüber war, störte nicht wirklich. Das ist Hardcore, da sind die Songs überschaubar strukturiert und nicht länger als notwendig. Dazu arbeiteten sich EXPIRE an relevanten Smashern wie „Regret“, „Pretty Low“, „Reputation“, „Old Habits“, „Fighting the Slip“, „Sleep Lost“ oder „3:56“ ab, wobei die vorderen Reihen noch einmal alles gaben. Der wütende, überschaubar abwechslungsreiche und beständig mitreißende Hardcore hinterließ rege Begeisterung und ließ die Lücke erahnen, die mit dem Abgang der sympathisch schnörkellosen Old-School-Verfechter bleiben wird. Aber wie eingangs beschrieben, so ganz geht man eben doch niemals. Wir sagen danke und wünschen für die Zukunft alles Gute!