09.05.2007 – Twelve Tribes / Bridge to Solace / Raging Speedhorn – Berlin, Kato

Stell dir vor, es ist ein Konzert und keiner geht hin. In Berlin kennt man das. Eine neue Qualität allerdings besitzt, dass selbst namhaftere Bands vor Geisterkulisse ihr Programm absolvieren müssen. TWELVE TRIBES zum Beispiel, deren aktuelles Album „Midwest Pandemic“ respektable Verkaufszahlen in unseren Breiten vorweisen kann. Aber es nutzte nichts. Schlappe 35 Besucher verirrten sich ins Kreuzberger Kato, was die aufspielenden Musiker jedoch nicht davon abhielt, ihr Bestes zu geben. Während also vor den Fenstern des Vorraumes die Polizei Bemühungen zeigte, den Demonstrationszug der G8-Gegner im Zaum zu halten, ließ sich das Line Up von der Handvoll Menschen feiern. Ein groteskes Bild.

RAGING SPEEDHORN waren die ersten. Das Sextett aus England, das gleich zwei inbrünstig Schreiende Frontmänner auffährt, bietet eine satte Mischung aus Hardcore und Rock, vermischt mit Elementen des Metals. Der Sound war nicht optimal, wie so häufig im Kato, dafür war der Einsatz der Briten tadellos. Als wäre die Hütte gerammelt voll, drückten die Jungs aufs Gas und hinterließen einen weit mehr als nur flüchtigen Eindruck. Die Enttäuschung des Abends folgte mit BRIDGE TO SOLACE. Auf Platte sind die Budapester eine Wucht, auf den Brettern Berlins waren sie eine saftlose Brumme. Die Technik erlaubt dem metallenen Hardcore zunehmend Produktionen auf Major-Niveau. Bleiben derlei Bands ihre Klasse aber dadurch schuldig, dass eine gute Scheibe wie „Where Nightmares and Dreams Unite“ vor Publikum zu einem faden Brei vermischt wird, bei dem kaum erkennbar bleibt, welcher Song denn nun gerade gespielt wird, verkommt der technische Vorteil zum Blendwerk.

Ganz anders TWELVE TRIBES. Das Gespann aus Ohio setzte seine Musik hervorragend um. Der melodische Metal-Hardcore, bei dem gerade die zwischen wüstem Geschrei und klaren Gesang taumelnde Stimme Adam Jacksons den Unterschied macht, klang nicht nur genau wie auf Klangrille, sondern erfuhr durch die enorme Live-Präsenz noch den entscheidenden Zugewinn. Jackson, dessen Dreadlocks locker bis zur Hüfte reichen, wirbelte nicht nur die Haarpracht durch die Luft, er riss samt seinen Mitstreitern auch komplett mit. Das Set bestand in weiten Teilen aus Beiträgen von „Midwest Pandemic“, was neben dem Titeltrack auch das wuchtige Instrumentalstück „Monarch of Dreams“ ins Spiel brachte. Die Akustik überzeugte, die Band begeisterte. Rastlos wurden Köpfe geschüttelt, aus wenigen Kehlen brandete große Zustimmung. Das geringe Publikumsaufkommen schien zur Beiläufigkeit zu verkommen. Wieso auch nicht? Als Berufsmusiker muss man solchen Bedingungen mit Gleichgültigkeit begegnen. Und denjenigen, die gekommen waren, bereiteten sie eine gute Zeit.

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