07.08.2008 – Propagandhi / Kafkas / Rentokill / Nein Nein Nein – Bochum, Matrix

PROPAGANDHI sind der Fels in der Brandung. Egal was kommt, sie treten für ihre Werte mit einer Überzeugung und Entschlossenheit ein, die in der selbstredend auch längst kommerzialisierten Schublade des Punk fast einzigartig ist. Dazu passt, dass sich die Band auf europäischen Bühnen seit jeher rar macht. Aber umso intensiver sind die Shows, wenn sie denn die alte Welt bereisen. Wie in Bochum, wo die mit etwa 700 Besuchern prall gefüllte Matrix zeigte, dass man nicht jährlich eine Platte veröffentlichen und dazu touren muss, um in bester Erinnerung zu verbleiben.

Dazu passten die Vorbands, gleich drei an der Zahl, die einmal mehr unterstrichen, dass PROPAGANDHI gern mit angestammtem Fachpersonal in deutscher Sprache die Clubs erschüttern. Erst kamen die Gäste, NEIN NEIN NEIN und RENTOKILL, danach die zum dritten Mal als Tour-Support der Kanadier fungierenden KAFKAS. Auf ihre Weise überzeugten sie alle. Die Frischlinge von NEIN NEIN NEIN präsentierten pünktlich um acht Uhr ihr unlängst veröffentlichtes Debütalbum „Deine Szene ist ein Zombie“ – und ernteten vom noch überschaubaren Publikum regen Zuspruch.

Kaum eine Dreiviertelstunde später standen bereits RENTOKILL auf der Bühne und zeigten im Rahmen ihrer beschränkten Spielzeit, warum sie zum derzeit Besten gehören, was der deutschsprachige Raum an amerikanisch geprägtem Punk-Rock zu bieten hat. Davon abgesehen prädestiniert die Österreicher bereits ihre politische Ambition als unbedingtes Vorprogramm von Chris Hannah und seinen Mannen. Ihr Bochum-Debüt gelang mit Bravour, weil sie nach verhaltenen Auftaktreaktionen echte Begeisterung ernteten. Bei Songs wie „Discontent Industry“, „Primetime Killers“ und „Songs of Convenience“ auch kein Wunder.

Die altgedienten KAFKAS zeigten neben …BUT ALIVE schon in den Neunzehnneunzigern, dass Deutsch-Punk nicht bloß Pathos und Parolen bedeuten muss. Seitdem ist nicht all zu viel passiert. Älter sind sie geworden, manches Gründungsmitglied wurde bereits in den Vorruhestand verabschiedet. Musikalisch aber sind sie klug und abwechslungsreich wie eh und je. Mit „Lebensrezeptur“, „Vegetarier können nicht tanzen“ oder „…wenn es eine Hölle gibt“ präsentierten sich die Fuldaer von ihrer stärksten Seite, was die sich in Teilen rasch verabschiedenden Zuschauer nicht so recht teilen mochten. Der Band war’s egal. Uns auch. Starker Auftritt, basta.

PROPAGANDHI begannen mit Soundproblemen. Es fehlte die Dynamik, das Tempo. Es dauerte jedoch nicht lange und die Show wurde das zu erwartende Feuerwerk. Das Set war klasse, neben „Nation States“ und „Anti-Manifesto“ wurde auch „Haillie Sallasse“ gespielt, zudem natürlich ausreichend Material von „Today’s Empires, Tomorrow’s Ashes“ und „Potemkin City Limits“. Auch neue Stücke wurden geboten, was die Hoffnung auf ein baldig erscheinendes fünftes Album nährt. Die Matrix jedenfalls kochte. Und mag es auch nicht das beste Konzert der klugen Kanadier gewesen sein, allein der Seltenheitswert ihrer Anwesenheit rechtfertigte die Visite unbedingt. Ein durchweg erinnerungswürdiger Abend.

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