06.06.2010 – The Casting Out / The Box Fox – Berlin, Magnet

Das Privileg des Freizeit-Musikjournalisten ist der frühe erste Eindruck. Vor den meisten anderen kommt man in den Genuss, die Werke dieser oder jener Band zu beschnuppern und sich ein medial völlig unbelastetes Bild zu verschaffen. Besondere Freude bereitet das, wenn es um individuell geschätzte Combos geht. Das führt dann schon mal dazu, dass man im Freundeskreis beiläufig erwähnt, die neue Scheibe von … (hier bitte im Geiste einen persönlichen Favoriten einfügen) gehört zu haben und sich ohne realistische Bodenhaftung als Krone der Schöpfung wähnt.

Im Falle von THE CASTING OUT und ihrem selbstbetitelten Zweitwerk darf sich bei solch beiläufigen Erwähnungen durchaus verhaltene Bestürzung einschleichen. Denn der Nachfolger zur spielfreudigen Indie-Punk-Granate „Go Crazy! Throw Fireworks!“ ist gelinde gesagt eine Enttäuschung. Zum Abschluss ihrer jüngsten Europatour, auf der Nathan Gray und Kollegen die Platte im Berliner Magnet ausgiebig präsentierten, war davon nicht unbedingt viel zu spüren. Gerade der unterproduziert wirkende Sound und der Mangel an mitreißenden Momenten wurde auf der Bühne mit gewohntem Eifer überspielt. Zumal die dargebotenen neuen Songs, insbesondere „The Power and the Glory“, „Run Like Hell“ oder „Heaven Knows“, auf starke Resonanz stießen.

Von der konnte die Vorband nur träumen. Zwar legten sich die Hauptstädter von THE BOX FOX mächtig ins Zeug, um für sich und ihren radiotauglichen Rock die Werbetrommel zu rühren. Im Gegensatz zu Raumklang war die Show jedoch eher mager. Spürbar blieb, dass der Vierer den Weg ins Stadion sucht, um auf den Spuren der BEATSTEAKS die Massen zu verzücken. Den Applaus hatten sie sich verdient, nur wollte das Publikum partout nicht auf die Animationsversuche von der Bühne anspringen. Wirklich traurig war daher wohl auch niemand, als THE CASTING OUT ihren Weg an die Instrumente fanden.

Der Anteil neuer Beiträge ging auf Kosten von bewährten Hits wie „Your Last Novelty“. Die rund 250 Zuschauer waren dennoch aus dem Häuschen, was bei der ansteckenden guten Laune von Ex-BOYSETSFIRE-Sänger Gray, der mit seinem sympathischen Dauergrinsen wirkte wie ein Abbild Adam Sandlers, auch nicht schwer fiel. Die Akustik ging in Ordnung, die Stimmung war vor allem bei Smashern wie „Quixote’s Last Ride“, „Don’t Forget to Breathe“ oder „Liar (…)“ ausgelassen. Ein leicht schaler Beigeschmack blieb dennoch und so ganz überspringen wollte der Funke im brüllend heißen Magnet nicht. Nach ihrem Auftritt gingen dennoch Reihenweise Exemplare des neuen, noch nicht offiziell veröffentlichten Albums über den Merch-Tisch. Bleibt zu hoffen, dass die Enttäuschung bei den Käufern nicht zu groß ausfällt.

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