Es gibt für den Verfasser dieser Zeilen nur wenige Bands, die abseits des Dunstkreises von Punk und Hardcore Bestand haben. Eine Ausnahme ist HOT CHIP. Das mag damit zusammenhängen, dass die britischen Soundtüftler die Lieblingsband der Gattin markieren – aber zweifelsfrei auch mit den immensen Live-Qualitäten. Die stellten sie auch beim Auftritt in Köln unter Beweis, der aufgrund der (dieser Tage typischen) gedämpften Ticketnachfrage von der Live Music Hall ins merklich kleinere Gloria Theater verlegt wurde. Für alle Anwesenden – und gleichwohl die Künstler selbst – ein schierer Glücksfall.
Denn nicht nur, dass sich der Raumklang, anders als üblicherweise in der originär gebuchten Spielstätte, als überragend erwies, der Pulk feierte die Londoner obendrein mit denkwürdiger Intensität ab. Großzügige Wertschätzung erfuhr im Vorprogramm auch Andrew Collberg, der als Singer/Songwriter mit Keyboard-Begleitung gediegene Willkommensbeschallung mit melancholischer Ader präsentierte. Das war fraglos stimmungsvoll, dabei aber beileibe nicht so mitreißend, wie es der frenetische Jubel aus dem Publikum vermuten ließ. Für das Duo auf der Bühne war es jedoch eine Extraportion Anerkennung, die zugleich offenbarte, dass die Zuschauerschaft hungrig war.
Wie sehr zeigte sich, als HOT CHIP die komplett in Kunstnebel gehüllte Bühne betraten und über rund 100 Minuten restlos begeisterten. Mit (bewährter) personeller Ergänzung an Schlagzeug und Percussion-Pult legte der Fünfer einen Auftritt hin, der das Prädikat „Live“ auch wirklich verdient. Bei Kollektiven im Bereich elektronischer Musik stellt das wahrlich keine Selbstverständlichkeit dar. Das führte auch diesmal dazu, dass die dargebotenen Tracks eben nicht exakt klangen wie auf Konserve, sondern durch den direkteren Sound andere Zugänge eröffneten. Dabei spielte es keine Rolle, ob die Stücke nun Beat-lastiger oder poppiger daherkamen; der Pulk im gut gefüllten Gloria tanzte ohne Unterlass. Das Theaterambiente des Veranstaltungsorts trug dabei einen Gutteil zur Gesamtatmosphäre bei.
Das üppige, sämtliche Schaffensphasen streifende Set ließ kaum Wünsche offen. Vereinzelt wurden Beiträge ihres neuen Albums „Freakout/Release“ – darunter der Titeltrack, „Eleanor“, „Hard to Be Funky“ und „Broken“ – homogen ins große Ganze eingewoben. Doch wissen HOT CHIP natürlich, mit welchen Hits sie ihr Publikum in Wallung bringen: „Flutes“, „And I Was a Boy From School“, „Ready For the Floor“ oder „Over and Over“. Dazwischen wurde MADONNA („Hung Up“) gecovert und ein wiederum bemerkenswert vielschichtiger Klangteppich gewoben. Damit wurde der überraschend intime Auftritt zu einem Highlight mit nachhallender Eindrücklichkeit. Es müssen ja nicht immer Punk und Hardcore auf dem Programm stehen…