Im Kreuzberger Kato am Schlesischen Tor ist es meist voll, die Akustik ist lausig und manchmal perlt Kondenswasser wie Regentropfen von der Decke. An diesem Tag verhinderte die Kälte außerhalb der schützenden Mauern die Verwandlung des Clubs in ein Treibhaus. Hitzig ging es dennoch zu, nicht zuletzt, weil das Gastspiel von BULLET FOR MY VALENTINE in der Hauptstadt restlos ausverkauft war. Als kleiner Wehrmutstropfen muss allerdings festgehalten werden, dass JOHNNY TRUANT ihren Support für die Tour im Vorfeld abgesagt hatten. Was blieb waren AIDEN.
AIDEN sind die heimlichen Shootingstars der Kajal-Fraktion. Sie mögen HIM und machen trotzdem gute Platten – zumindest im Falle ihres Victory Records-Debüts „Nightmare Scenario“. Der Rest ist eine Mischung aus Kostümfest und Posing für Fortgeschrittene. Kleidertechnisch war diesmal „Der kleine Vampir“ an der Reihe. Sänger wiL, dessen Künstlername allein die vorgefertigte Exzentrik der Band unterschreibt, war Rüdiger, seine Begleiter irgendwie auch. Unerfreulich früh am Abend spielte sich das ´Rüdiger-Quintett´ so durch ein Set, das jener Darbietung im Magnet vor einigen Monden relativ glich. Das Publikum wollte da natürlich kein Geiermeier sein und hob artig die Arme, wenn es verlangt wurde.
Der Sound war zufriedenstellend, hätte aber durchaus mehr Druck vertragen können. Das lag aber eher an der typischen Kato-Akustik, nicht am protzig aufgefahrenen Equipment-Arsenal des Fünfers. Mit dem hätte das Gespann locker das Technikmuseum füllen können, die von einer perfiden Absperrung abgeschottete Bühne sollte für den Augenblick aber genügen. AIDEN sind trotz Übergewichtung in Sachen peinlicher Selbstinszenierung ein Hammer. Das stellten die Jungs auch diesmal unter Beweis, im Gegensatz zum Auftritt im Magnet sogar vor Publikum! Die relevanten Hits von „Nightmare Scenario“ wurden artig abgearbeitet, das überraschend junge Publikum schnell zum Kochen gebracht. Zum Abschluss gab es noch zwei alte Songs und die Vorwarnung auf ein baldiges Wiedersehen. Man darf gespannt sein, in welcher Kostümierung die Freunde der Nacht dann in Erscheinung treten.
Bei BULLET FOR MY VALENTINE verwandelte sich das Kochen des Publikums in Brodeln. Die Bühne blieb hinter einer tosenden See aus rudernden Armen und zuckenden Leibern verborgen. Letzte Bastion war die verwaiste Bar im angrenzenden Nebenraum. Da war die Sicht nicht unwesentlich schlechter, dafür überzeugte die Schlagzahl an gezapftem Gerstensaft. Unterdessen trimmten BULLET FOR MY VALENTINE die Grasnarbe zwischen musikalischem Schwermetall, Indie-Rock und Hardcore. Hörte sich sehr gekonnt an, sah vermutlich auch genauso aus. Den Reaktionen des Publikums nach zu urteilen hätte das Set kaum besser sein können. Die mir bekannten Songs spielten die Waliser ausnahmslos, Grund zur Beschwerde gab es auch in Sachen Raumklang nicht. Somit war der Abend eine Win-Win-Situation für die Beteiligten wie für die anwesenden Besucher. Nur JOHNNY TRUANT werden in die Röhre äugen, weil sie dieses Spektakel verpasst haben. Rüdiger inklusive.