Zebraman (J 2004)

zebramanJapans Superhelden trotzen seit den Sechziger Jahren in unermüdlichem TV-Einsatz finstren Mächten, außerirdischen Aggressoren und diversen Monstrositäten. Das westliche Publikum kennt solch bewusst trashige Unterhaltungsformen in erster Linie durch die seinerzeit umstrittenen „Power Rangers“. Der eigentümliche Regisseur Takashi Miike („Ichi the Killer“, „Gozu“) meißelt alten Helden und nostalgischem Fernseh-Nonsens nun ein Denkmal – und führt mit „Zebraman“ einen der absurdesten Vertreter seiner Zunft ein.

Unerklärliche Dinge geschehen im Japan des Jahres 2010. Ein Zebra stolziert durch einen Friseursalon, Fische neigen zu Riesenwuchs und Gewalt regiert die Straßen. Panik und Verunsicherung grassieren, das Volk sucht Antworten auf zahllose Fragen. In Zeiten wie diesen braucht es einen Helden, einen Befreier, der sich dem Bösen entgegenstellt und furchtlos in den Kampf um das Wohl der Bürger zieht. Doch woher eine solche Lichtgestalt des couragierten Eingreifens nehmen?

Shinichi Ichikawa (Sho Aikawa, „Dead or Alive“) ist ein biederer Familienvater und Grundschullehrer. Seine Ehefrau hintergeht ihn, die Tochter bietet gegen Bezahlung den eigenen Körper feil und der Sohn wird in der Schule vor seinen Augen drangsaliert. Zum Ausgleich zieht sich Ichikawa daheim zurück und lässt den längst vergessenen Helden seiner Kindheit lebendig werden – Zebraman.

So werkelt der verschrobene Pädagoge an seinem eigenen schwarz-weißen Helden-Kostüm, um die ruhmreichen Taten des fiktiven Idols im heimischen Garten in Ehren zu halten. Als Ichikawa eines Abends in voller Verkleidung auf einen Triebtäter mit Krabbenmaske stößt, erfüllt sich sein Schicksal. Mit übernatürlichen Kräften schlägt er den Gegner in die Flucht – und muss sich fortan gegen fiese Aliens und die eigene Angst behaupten.

Anything goes! Unter dieser Prämisse lässt Takashi Miike den etwas anderen Heroen gedeihen. Gefüllt mit Absurditäten – u.a. zieht Brunnenmädchen Sadako aus „Ringu“ gegen einen tapferen TV-Recken zu Felde – und skurrilen Figuren erzählt „Zebraman“ die Geschichte eines Außenseiters mit der Berufung zu höherem. Ohne Hast und mit humoristisch slapstickhaften Zwischentönen entfaltet sich die Geschichte, ist zugleich Persiflage und eigenständiges Opus.

Der Film nimmt seinen Helden ernst, die sehenswerten Darsteller ebenso. Subtil wird auf soziale Probleme verwiesen, allen voran im familiären Bereich. Den Zerfall des heimischen Netzwerkes thematisierte Miike bereits in „Visitor Q“. Hier verzichtet er auf moralische Grenzwertigkeit und greift lediglich den Aspekt der Entfremdung auf. Denn bei seiner übermütigen Posse geht es nicht um die Visualisierung von Kontroversen, sondern um kitschig naive Familienunterhaltung in exzentrischer Verpackung.

Mit „Zebraman“ unterstreicht Takashi Miike sein Gespür für groteske Stoffe. Bei seiner extravaganten Heldenmär verzichtet der japanische Vielfilmer gänzlich auf die berüchtigten Gewaltexzesse und präsentiert im Gegenzug eine verschrobene Fantasy-Komödie mit kindgerechter Moral: Kämpfe für deine Träume und sie werden Wirklichkeit. Hohen Ansprüchen genügt das nicht, doch liefert der träumerisch positivistische Film einen sehr unterhaltsamen Beitrag zur Eskapismustheorie. Für alle Schwärmer und Kindgebliebenen nicht weniger als ein rauschendes Fest.

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

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