We Are What We Are (USA/F 2013)

we-are-what-we-areDer etwas andere Kannibalenfilm: In „We Are What We Are“ verbindet Jim Mickle („Mulberry Street“) Familiendrama mit Horror. Der Underground-Regisseur, der mit Nick Damici (als Sheriff zudem vor der Kamera aktiv) auch das Drehbuch schrieb, adaptiert den mexikanischen Vorreiter „Wir sind was wir sind“ von 2010 und verlagert ihn ins rurale Amerika. Dort, wo die Menschen von Existenzängsten geplagt werden und Unwetter tiefe Furchen ins Hinterland reißen, lebt die Familie Parker. Die bewohnt ein abgeschiedenes Haus auf großem Grund und vermietet einen Teil des Landes als Trailer Park (als Mieterin: Ex-„Top Gun“-Star Kelly McGillis).

Doch das Auskommen ist gering und wie die ganze Region repräsentieren auch die Parkers die wirtschaftliche Perspektivlosigkeit der Nachwehen der globalen Finanzkrise. Die Bilder, mit denen Mickle den Zuschauer in dies Milieu einführt, sind von stimmiger Elegie erfasst. Anmutige Landschaftsaufnahmen transportieren eine friedliche Unberührtheit, hinter denen zwangsläufig das Grauen lauert. Aber auch das entfaltet sich eher subtil. Denn zunächst ist Trauer angesagt, nachdem Mutter Parker auf der Straße kollabiert und stirbt. Zurück bleiben Vater Frank (Bill Sage, „Mysterious Skin“), die beiden Töchter Iris (Ambyr Childers, „The Master“) und Rose (Julia Garner, „The Perks of Being a Wallflower“) sowie der kleine Rory (Jack Gore, „The Michael J. Fox Show“).

Sie alle wirken kränklich und ausgemergelt. Begründet liegt dies in der einseitigen Ernährung der Parkers, die ausschließlich Menschenfleisch verköstigen. Dafür entführen sie in Frauen, die im Keller des Hauses gefangen gehalten und nach Jahrhunderte altem Ritus verarbeitet werden. Die sterblichen Überreste werden in der Natur entsorgt. Nur sorgt das, bedingt durch ein schweres Unwetter, dafür, dass Mediziner Doc Barrow (Michael Parks, „Red State“) beim Angeln einen menschlichen Knochen findet. Und da auch seine Tochter einst spurlos verschwand, ist sein Misstrauen rasch geweckt. Doch auch intrafamiliär nehmen Spannungen zu, ist doch insbesondere die 14-jährige Rose nicht bereit, der traditionellen Lebensweise weiter zu folgen.

Mickle lässt diese Konflikte ohne jede Hast schwelen und setzt auf gedämpftes Unbehagen und vereinzelt blutige Einschübe. Die Spurensuche Barrows wirkt samt finaler Eskalation konventionell, mindert aber kaum die grundlegende Außergewöhnlichkeit dieser bedächtigen Auslotung menschlicher Abgründe. Der von Patriarch Frank ausgeübte Zwang der tradierten Lebensweise kollidiert letztlich mit den Selbstbestimmungstendenzen der Töchter. Das Ende ist trotz Gewaltsteigerung so unspektakulär wie der Vorlauf. Nicht allein darum wird „We Are What We Are“ die eingefleischte Horror-Gemeinde enttäuscht zurücklassen. Aber für sie ist dies sehenswerte Drama mit Arthouse-Touch auch kaum bestimmt.

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

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