Walker (USA/MEX/E 1987)

walkercox„It is the God given right of the American people to dominate the western hemisphere. It is our moral duty to protect our neighbours from oppression and exploitation. It is the fate of America to go ahead.“ – William Walker

Das amerikanische Kino straft Nestbeschmutzer mit Restriktion. Überspitzt kritische Filme, die US-Moral und die Glorie des Militärapparates verunglimpfen, werden mitunter durch politische Einflussnahme aus dem Verkehr gezogen. Die Veröffentlichung der zynischen Armee-Groteske „Buffalo Soldiers“ scheiterte am Aufruhr um die Attentate vom 11. September 2001. Sie passte nicht ins patriotische Stimmungsbild. Die künstlerische Freiheit wurde vierzehn Jahre zuvor noch eklatanter reglementiert, als das Eingreifen des konservativen Lagers die bitterböse Polit-Farce „Walker“ in die Knie zwang. Das produzierende Studio Universal gab dem Druck nach. Der Film kam nicht ins Kino und wurde in den USA bis heute weder auf VHS noch DVD veröffentlicht.

Regisseur Alex Cox, durch Filme wie „Repo Man“ und „Sid und Nancy“ zum ausgewachsenen Kino-Querulanten gestempelt, erzählt die Geschichte des historisch verbürgten Imperialisten William Walker (Ed Harris, „Pollock“). Nach einer fehlgeschlagenen Invasion Mexikos wird er in den vereinigten Staaten vor Gericht gestellt und nach einer flammenden Rede unverzüglich frei gesprochen. Im Auftrag des Großkapitalisten Vanderbilt (Peter Boyle, „Taxi Driver“) bricht er wenig später ins bürgerkriegserschütterte Nicaragua auf. Vanderbilts Handelswege führen durch Mittelamerika, was er braucht ist Stabilität. Walker wird ihm diese verschaffen, sich in wachsender Selbstüberschätzung zum Präsidenten ernennen – und sein Schicksal besiegeln, als er sich gegen den Einfluss des Industriellen sträubt.

Was als Biografie über den Lebensweg William Walkers beginnt, wächst schnell zu einer ätzenden Satire auf amerikanisches Expansionsstreben. Begleitet von einer Horde Glücksrittern, die im Grunde nicht wissen, für was oder gegen wen sie eigentlich kämpfen, bahnt sich Walker seinen Weg. Es ist der Seuchentod seiner Feinde, der den Sieg bringt, nicht taktisches Geschick. Davon besitzt der Revoluzzer wenig. In einem ersten verlustreichen Scharmützel, von Cox wiederholt für blutig zelebrierte Oden an Sam Peckinpah („The Wild Bunch“) genutzt, schreitet der starrköpfige Anführer in Front seiner Truppen daher. Die Mannen um ihn werden aufgerieben, er selbst nimmt Platz am Klavier. Seine Selbstsicherheit lässt Walker an der Spitze des von ihm errichteten Regimes all seine Prinzipien verraten. Er führt die ihm verhasste Sklaverei ein und verwandelt die Hauptstadt Granada im Angesicht des Untergangs in eine gleißende Flammenhölle.

In Anlehnung an größenwahnsinnige Cäsaren – auch Nero ließ das Herz des römischen Reiches in Brand stecken – gibt Ed Harris eine Performance am Rande der Selbstgeißelung. Sparsam in Gestik und Mimik steuert er auf den Abgrund seiner selbst zu. In einer der absurdesten Szenen verspeist Walker ein Stück eines verletzt aufgebahrten Soldaten. Alex Cox, auf der Berlinale 1988 für den Goldenen Bären nominiert, würzt die sich zuspitzende Garstigkeit mit inszenatorischer Absurdität. Wiederholt und meist am Rande flechtet er anachronistische Idole des Kapitalismus ein. Auf staubiger Straße überholt ein Mercedes ein Pferdegespann, Walkers Konterfei findet sich auf dem Time-Magazine, ein Armeehubschrauber nebst Kamerateam evakuiert amerikanische Staatsbürger aus dem brennenden Granada. Im Abspann zeigt die psychedelische Polit-Posse Originalaufnahmen US-Amerikanischer Intervention in Nicaragua unter Präsident Reagan. Gebraucht hätte es diesen offenkundigen Fingerzeig nicht. Aber wenn Cox schon provoziert, dann eben richtig.

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

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