Vincent will Meer (D 2010)

vincent-will-meerDas deutsche Kino ist nicht gerade dafür bekannt, schwere Themen mit Leichtigkeit zu beschreiben. Umso erfreulicher ist das tragikomische Roadmovie „Vincent will Meer“, das drei Außenseiter zu einer Spontanreise im geklauten Auto verleitet. Nach dem Tod der alkoholkranken Mutter will Vater Robert (Heino Ferch, „Der Untergang“), ein karrieristischer konservativer Politiker, den am Tourette-Syndrom leidenden Vincent (schrieb auch das Drehbuch: Florian David Fitz, „Männerherzen“) in eine Klinik abschieben. Dort soll er lernen mit der Nervenkrankheit zu leben.

Unkontrollierbar beginnt Vincents Gesicht zu zucken, er schneidet Grimassen und stößt derbe Flüche aus. Seine Umwelt reagiert geschockt, oft sogar verständnislos. Zusammen mit der magersüchtigen Marie (Karoline Herfurth, „Im Winter ein Jahr“) und dem zwangsneurotischen Alexander (Johannes Allmayer, „Selbstgespräche“) wagt er im Wagen der Therapeutin den Ausbruch. Das Ziel ist Italien, wo Vincent die Asche der Mutter am Meer verstreuen will. Der aufgebrachte Robert und Dr. Rose (Katharina Müller-Elmau, „Crazy“) heften sich an die Fersen des flüchtigen Trios.

Die große Stärke von „Vincent will Meer“ ist, dass die Ticks und Schwächen der Figuren ernst genommen werden und nicht der Belustigung des Zuschauers dienen. Mit Feingefühl führt Ralf Huettner („Die Musterknaben“) die Protagonisten ins Leben zurück und öffnet ihnen die Welt vor stimmungsvollen Panoramen der süddeutschen Naturkulisse. Das gilt auch für Robert, der Vincents Konto sperren lässt und anfangs nur darauf bedacht ist, die Polizei aus der Sache herauszuhalten. Doch auch er und Klinikleiterin Rose erfahren auf der Reise mehr über sich selbst und lernen ihre Fehler einzugestehen.

Ins Triviale oder gar Kitschige driftet der Film nie ab. Dafür garantieren die spielstarken Darsteller, an deren Spitze Florian David Fitz enorme emotionale Wucht entfaltet. Die Bemühungen des Zusammenraufens sind (bei beiden Parteien auf der Autobahn) oft von großer Heiterkeit. Die dramatischen Aspekte der Geschichte vernachlässigt Huettner darüber aber nicht. Ausgewogen zwischen Anspruch und Unterhaltung findet der Regisseur stets den richtigen Ton und eröffnet den glaubhaften Charakteren neue Wege, ohne moralisch aufdringlich zu wirken. Für das oft trockene deutsche Kino ist diese Dramödie eine echte Bereicherung!

Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

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