The Woods (USA 2006)

the-woodsMit „May“ empfahl sich Regisseur Lucky McKee als Brückenschlag zwischen klassischem Grusel und zeitgemäßem Horror. Eine Bürde, welcher er mit der „Masters of Horror“-Episode „Sick Girl“ mehr als gerecht wurde. Sein zweiter Langfilm „The Woods“ setzt diesen Trend fort, basiert im Gegensatz zu seinen vorherigen Arbeiten aber nicht auf einem eigens verfassten Drehbuch. Das bedeutet freilich nicht, dass McKee dem Skript des Nachwuchsautors David Ross („The Babysitters“) keine atmosphärischen Augenblicke abzuringen verstünde, doch fehlt dem Mystery-Thriller bei aller formalen Überzeugungskraft die inhaltliche Stringenz, um einen nachhaltigen und allen voran in seiner Gänze positiven Eindruck zu hinterlassen.

New England 1965: Weil die aufmüpfige Heather (Agnes Bruckner, „Venom“) Feuer am elterlichen Heim gelegt hat, wird sie von ihren Schutzbefohlenen – B-Movie-Choryphäe Bruce Campbell („Bubba Ho-Tep“) und die nicht mit ihm verwandte Emma Campbell („The Aviator“) – in ein abgelegenes Mädcheninternat verwiesen. Dort zieht sie mit ihrem opportunen Verhalten nicht nur den Zorn der scheinbar herrschsüchtigen Mitschülerin Samantha (Rachel Nichols, „Alias“) auf sich, sondern erregt auch den Unmut der Anstaltsleiterin Miss Traverse (Patricia Clarkson, „Dogville“). Ihre größte Sorge bereitet Heather indes der angrenzende Wald, aus dem sie geisterhafte Stimmen vernimmt und dessen dunkles Geheimnis sie in alptraumhaften Schreckensvisionen heimzusuchen scheint.

In Sachen Spannungsaufbau bleibt der Film ohne Tadel. Das schulische Ambiente begründet in seiner gefängnisartigen Darstellung einen Zustand permanenter Anspannung, der sich durch das unsichtbare Grauen der grünen Grenze des Waldes noch verstärkt. Dosierte Schockmomente und die wohligen Kompositionen John Frizzells („Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast“) leisten dergleichen weitere Zulieferarbeit. Problemlos in den angenehm zurückhaltenden Tenor der ersten Hälfte fügen sich auch die durchweg sehenswerten Darstellerleistungen. Allen voran Patricia Clarkson zieht als Direktion des Internats alle Register unterschwelliger Bedrohlichkeit.

Das Problem des Films offenbart sich zur Halbzeit ungemütlich schnell. Als des Nachts wiederholt Schülerinnen auf mysteriöse Weise verschwinden und sich der Verdacht okkulter Rituale erhärtet, verfällt „The Woods“ in ein behäbiges Plätschern der Handlung. Fährten werden gelegt und Fragen aufgeworfen, die im weiteren Verlauf aber kaum mehr Beantwortung finden. Charaktere vollziehen in ihrem Verhalten eine glatte Kehrtwende und werden im Anschluss ohne ersichtlichen Grund aus der Geschichte getilgt. Ein Überraschungsmoment, auf welches Lucky McKee über weite Strecken hinzuarbeiten scheint, bleibt aus. Das Finale fällt schlichtweg mit der Tür ins Haus und offenbart einzig Wendungen, die sich bereits im frühen Vorlauf der vermeintlichen Klimax erahnen lassen.

Bruce Campbell, der schon in „Tanz der Teufel“ das Böse in den Wäldern bekämpfte, leitet mit einem Axthieb ein schlussendliches Blutvergießen ein, dass in seiner effektbedachten Vordergründigkeit die Hilflosigkeit der Schauermär unterstreicht. Statt den gelungenen Ansätzen ihre Subtilität zu belassen, bricht ein Sturm computererzeugter Tricks los. Diese sind allesamt gelungen, doch hätte die Geschichte ihrer schlichtweg nicht bedurft. Letzten Endes bleibt das vielversprechende Konzept hinter seinen Möglichkeiten zurück und verabschiedet sich aufgrund inhaltlicher Schwächen ins Abseits gewöhnlicher Verleihpremieren.

Wertung: 5 out of 10 stars (5 / 10)

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