The Woman (USA 2011)

the-woman„This is not civilized behaviour!“ – Hat vom sozialen Miteinander seine ganz eigenen Vorstellungen: Chris

Im Horrorfilm wird der Familie als Hort der Geborgenheit und Fürsorge gern ein Spiegel vorgehalten, der sie als Brutstätte von Fanatismus und Unterdrückung entlarvt. Wie sehr der Schein eines heilen familiären Gefüges täuschen kann, offenbart auch „The Woman“, den Lucky McKee („Red“) weit abseits moderner Genre-Standarten ansiedelt. Bedächtig taucht er in Leben und Alltag der Cleeks ein, die in idyllischer amerikanischer Abgeschiedenheit das Bild perfekter Eintracht und Harmonie verkörpern. Zumindest nach außen. Denn Vater Chris, das macht der subtile Auftakt unmissverständlich klar, ist ein despotischer Patriarch.

Sein Wort ist Gesetz, Widersprüche duldet er keine. Dabei wirkt er jedoch selten aufbrausend. Forderungen adressiert er geschickt als Bitten. Schauspieler Sean Bridgers (spielte in der US-Serie „Deadwood“ den minderbemittelten Johnny) mimt den Haustyrannen mit so beachtlicher wie unterschwelliger Intensität. Denn der sich als moralische Instanz aufspielende Kontrollfreak Chris scheint von der Richtigkeit seines Handelns uneingeschränkt überzeugt. Gattin Belle (McKees Lieblingsdarstellerin Angela Bettis, „May“) hat sich offenbar längst in ihr Schicksal gefügt und verbirgt die Verzweiflung hinter einer apathischen Maske.

Die heile Fassade beginnt zu bröckeln, als Chris im Wald hinter dem Haus eine unzivilisierte Frau (wirkte bereits im Vorgänger „Beutegier“ mit: Pollyanna McIntosh) entdeckt und sich (und seiner Familie) aufträgt, sie „gesellschaftsfähig“ zu machen. Nachdem er die Wilde überwältigt und eingefangen hat, kettet er sie im Kellerschuppen an und beginnt mit der perfiden Erziehung. Dass er sich von der grunzenden Tierfrau auch sexuell angezogen fühlt, spürt Belle rasch. Doch wird die Eskalation auch durch die psychopathischen Neigungen von Sohn Brian (Zach Rand) und der unbemerkten Schwangerschaft von Tochter Peggy (Lauren Ashley Carter) angeheizt.

Ohne Hast spitzt sich das gallige Psycho-Drama zu und mündet, als Chris den drohenden Zerfall seiner Familie nur noch durch offene Gewalt aufrecht erhalten kann, in ein ruppiges finales Gemetzel. Bei dem genügen McKee und Co-Autor Jack Ketchum (sorgte als Schriftsteller u. a. für die Romanvorlage zu McKees „Red“ sowie „Beutegier“) dann doch noch den Gepflogenheiten des zeitgenössischen Horrors und ziehen den Abgrund hinter der Heile-Welt-Fassade der Cleeks fast schon zu überspitzt und gewollt grausam auf. Von den leichten Abstrichen des Ausklangs abgesehen ist „The Woman“ aber ein stark gespielter und ebenso umgesetzter Tiefschlag ins Klischee der heilen Familie.

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

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