The Walking Dead (Season 4.1) (USA 2013)

twds4.1„You walk outside, you risk your life. You take a drink of water, you risk your life. Nowadays you breath and you risk your life. You don’t have a choice. The only thing you can choose is what you’re risking it for.“ – Hershel

Auch das Leben in der Post-Apokalypse hält seine beschaulichen Momente bereit. Der Auftakt zur vierten Staffel der Erfolgsserie „The Walking Dead“ ist voll von ihnen. Doch sie sind nicht von langer Dauer. Ein Jahr ist vergangen, seit Ex-Sheriff Rick Grimes (Andrew Lincoln) und seine Schicksalsgenossen den soziopathischen Governor (David Morrissey, „Enemies – Welcome to the Punch“) vertrieben haben. Die von ihm zurückgelassenen Woodbury-Gemeindemitglieder wurden in die Kommune im verlassenen Gefängnis  integriert. Seitdem hat sich viel getan. Ricks alleinige Führerschaft ist einem demokratischen Entscheidungsgremium gewichen, dem auch Veterinär Hershel (Scott Wilson, „The Way of the Gun“) und der sozialisierte Redneck Daryl (Norman Reedus, „Blade II“) beiwohnen. Auf dem umzäunten Gefängnisgelände wird Ackerbau betrieben und selbst ein paar Schweine werden in einem eigens errichteten Pferch gehalten.

Die außerhalb der bewachten Schutzzone dröge vor sich hinfaulende Zombie-Armee (die Masken- und Effektarbeit von Robert Kurtzman und dem auch produzierenden Greg Nicotero ist einmal mehr bemerkenswert) bedeutet vorerst keine Gefahr. Denn der Tod kommt zunächst von innen. Ein Virus grassiert, der die Infizierten rasch dahinrafft und (natürlich) ihrerseits als menschenfressende Untote zurückbringt. Diese Lektion kann nur unter Verlusten gelernt werden. Doch mangelt es an Medikamenten. Zusätzlich spitzt sich die Lage zu, als zwei der isoliert gebetteten Infizierten von unbekannter Hand getötet und anschließend verbrannt werden. Die ersten Folgen dieser acht Episoden umspannenden Halbstaffel – wie bei Season drei müssen sich die Zuschauer bis nach einer Winterpause gedulden, ehe die Geschichte fortgesetzt wird – fahren das Tempo spürbar zurück.

Neue Figuren werden eingeführt – unter anderem Lawrence Gilliard Jr. („The Wire“) als ehemaliger Armee-Arzt und trockener Alkoholiker Bob – und die internen Veränderungen beleuchtet. Die zunehmend resolute Carol (Melissa McBride) empfiehlt sich als Camp-Übermutter, lehrt den Kindern heimlich den Umgang mit Waffen und sorgt an sämtlichen Fronten für die Aufrechterhaltung größtmöglicher Normalität. Verglichen mit der dramaturgisch famosen Zuspitzung in der vorangegangenen Staffel wirkt das wie Zwischengeplänkel. Man mag diese Reduktion von Tempo und Entwicklung als Schwachstelle empfinden und tatsächlich sind Spannung und Beklemmung (zunächst) deutlich gemindert. Aber der Nachvollziehbarkeit des Gesamtszenarios beschert diese Wegänderung keinen Abbruch. Im Gegenteil, denn wer hätte den zum Mitleiden einladenden Protagonisten nicht längst eine Phase der Ruhe gegönnt?

„Everybody loves a hero.“ – der Governor

Aber die Show muss weitergehen, mit Blut, Eingeweiden und berstenden Köpfen. Die gibt es bald reichlich, wenn immer mehr Gruppenmitglieder – u.a. der mit Hershels ältester Tochter Magie (Lauren Cohan) liierte Glenn (Steven Yeun) – erkranken und Daryl mit der afroamerikanischen Kampfamazone Michonne (Danai Gurira) und anderen aufbricht, um die Städte der Region nach Medikamenten abzusuchen. Ricks Sohn Carl (Chandler Riggs) ist bereit Verantwortung zu übernehmen. Doch für das väterliche Vertrauen bedarf es erst Extremsituationen. Was wirkt wie eine narrative Zwischenstation auf dem Weg zu einer deutlich größeren Zuspitzung, lässt ein wesentliches Element vermissen: den Governor, jenen abgründigen Erzbösewicht, der sich ob seines unberechenbar amoralischen Verhaltens so trefflich hassen lässt. In der an Höhepunkten und erinnerungswürdigen Figuren wahrlich nicht armen modernen US-Serienkultur nimmt der dramaturgisch nahezu episch aufgeblasene klassische Bösewicht eine Ausnahmestellung ein.

Untermauert wird diese auch mit seinem plötzlichen Auftauchen als Beobachter beim Gefängnis. Sein Weg dorthin wird fortan unter Aussparung der Hauptcharaktere in rückblickenden Episoden erörtert. Dabei kann man fast Mitleid mit ihm haben, wenn er mit Zottelbart und am Ende von körperlicher und geistiger Kraft auf eine Überlebendensippschaft stößt und sich als Vaterfigur empfiehlt. Der Funken Wandlungsfähigkeit wird aber jäh vertrieben, als er mit den neuen Schützlingen im Schlepptau auf alte Verbündete trifft. Mit Tücke und Gewalt übernimmt er dort die Anführerschaft und weil die Gemeinschaft über einen Panzer und schwere Waffen verfügt, ist der Sturm auf das Gefängnis nur eine Frage der Zeit. So behäbig die erste Hälfte der acht Folgen auch bisweilen erscheinen mag, mit der Fokussierung auf den Governor spielen die Macher ihren Trumpf hervorragend aus.

Aus Hass und vorgeschobener Sorge um die Sicherheit der neuen Gruppe will er Rick und Co. zur Aufgabe des Gefängnisses zwingen. Doch hat er im verbalen Disput lediglich die Gewalt, nicht die Argumente auf seiner Seite. Was zum Finale folgt, ist die Rückkehr zur Gänsehaut schürenden Intensität. Die auf beiden Seiten verlustreiche Schlacht zählt zu den Höhepunkten der gesamten Serie und lässt die Protagonisten, ähnlich dem Ausklang von Season zwei, verstreut, verwundet und versprengt zurück. Zombiekalypse hin oder her, das Wesen des Menschen ändert sich nicht. Diese Grundlektion aus dem Fundus George A. Romeros fügt sich auch in den Kontext von „The Walking Dead“ trefflich. Trotz dezenter Langatmigkeit im Aufbau eine nach hinten raus so furiose wie bittere Fortsetzung, die als Einleitung der kommenden Neuorientierung über große Wucht verfügt. Wenn nur diese verdammte Pause nicht wäre…

Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

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