The Monster Hunter – Natürliche Auslese (USA 2000)

the-monster-hunter„Er denkt, er sieht aus wie Anthony Perkins und ich bin sein Onkel Fester. Was soll ich sagen? Jeder hat seine eigene Meinung.“ – Cassandra

Ist es nach Hannibal Lecter oder Micky & Mallory überhaupt noch möglich, Filmen über Serienmörder Novitäten abzugewinnen? Die Beantwortung dieser Frage erübrigt sich bei einem Blick auf den Experimentalfilm „The Monster Hunter“, das 2000 entstandene Regiedebüt des Storyboard-Zeichners Mark Lambert Bristol („Der schmale Grat“, „Equilibrium“, „Alamo“). Denn die gallige Farce verzichtet fast völlig auf narrative Konventionen und trumpft im Gegenzug mit dem steten Wechsel aus dokumentarischen Elementen und klassischen Spielszenen auf.

Im vermeintlichen Mittelpunkt steht dabei die Aufklärung einer schrecklichen Serie von Tötungsdelikten im texanischen Provinzkaff White Hills. Nach dem achten Mord steigt Bristols Film in die Ermittlungen ein. Zu diesem Zeitpunkt scheint der Schuldige bereits gefunden: der Postangestellte Willie Dickenson (Michael Bowen, „Walking Tall“, „After the Sunset“). Doch ist Willie spurlos verschwunden, der örtliche Polizeichef Richards (Joe Unger, „Nightmare on Elm Street“, „Barfly“) bleibt ratlos zurück. Dabei schert sich „The Monster Hunter“ kaum um eine nachvollziehbare Rekonstruktion der Tathergänge, sondern wirft lieber einen verschmitzten Blick hinter die vermeintlich idyllische Fassade des kleinstädtischen Alltags.

Im Zuge eines Dokumentarfilms über die White Hill-Morde kommen zahlreiche Protagonisten vor der Kamera zu Wort. Verwandte der Opfer, debile Jugendfreunde Willies, dessen derangierte Mutter oder der ahnungslose Psychologe William Powell (Bob Balaban, „Harry außer sich“, „Ghost World“). Im steten Wechselspiel der Zeitsprünge und Erzählebenen harmoniert die scheinbare Reibungsfläche der oft zusammenhanglos erscheinenden Perspektiven ausgezeichnet. Vor allem, da Mark Bristol bei der Umsetzung seines außergewöhnlichen No-Budget-Films vornehmlich auf Plausibilität verzichtet.

Dies veranschaulicht in erster Linie das Eingreifen David Carradines („Kung Fu“, „Cannonball“) in die Hatz nach dem Mörder. Noch vor seinem Comeback in Quentin Tarantinos „Kill Bill“ brilliert die charismatische Schauspiel-Mumie als durchgeknallter FBI-Agent Dehoven. Der selbsternannte Botschafter von Gott legt das Hauptaugenmerk seiner Untersuchungen auf die Pfählung von Dämonen, die er in den menschlichen Hüllen seiner Zeitgenossen zu erspähen vermag. Dass dabei auch schon mal ein Holzpflock in den kalten Körper eines der Opfer gerammt wird, schadet den Qualitäten des exzentrischen Ermittlers nur wenig. Allerdings kann auch der untrügliche Spürsinn Dehovens nicht das gewaltsame Ableben des staatlich befugten Monsterjägers verhindern.

„The Monster Hunter“ – auch unter den Titeln „Natural Selection“ oder „The Demon Slayer“ bekannt – ist eine absurde Mischung aus Mockumentary und „Henry – Portrait of a Serial Killer“. Mit makabrem Humor und individualistischem Konzept gelingt Mark Bristol das Kunststück, trotz gnadenlos trashiger Zwischentöne die Balance zwischen konstruierter Ernsthaftigkeit und übermütigem Surrealismus zu wahren. Normierten Sehgewohnheiten entspricht der Film dabei zwar in keiner Weise, doch sollten Freunde filmischer Andersartigkeit ungeachtet der furchtbaren deutschen Synchronisation einen Blick riskieren. Es lohnt sich!

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

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