The Guest (USA 2014)

„I’m a friend of the family.“ – David

Mit unvorhergesehenen Gästen ist das so eine Sache. Vor allem im Horrorfilm. Doch David (eine weitere Rolle gegen das „Downton Abbey“-Image: Dan Stevens) ist anders. Er will helfen. Nicht irgendwem, sondern der Familie eines im Krieg gefallenen Kameraden. Und so eilt er durchs rurale Hinterland, bis er das Haus der Petersons erreicht. Die gehen als stinknormale Allerwelts-Sippschaft durch:  Vater Spencer (Leland Orser, „96 Hours“) fühlt sich im Job übergangen, Tochter Anna (Maika Monroe, „It Follows“) hat ihr Herz an einen Kleinkriminellen verloren und der nerdige Sohn Luke (Brendan Meyer, „Mr. Young“) wird in der Schule drangsaliert. Nur Mutter Laura (Sheila Kelley, „Gossip Girl“) bleibt seltsam eigenschaftslos und lediglich auf die Trauer um den verstorbenen ältesten Spross beschränkt.

Aber die braucht es, um den charismatischen David nicht einfach abzuweisen, sondern ohne Zögern in den Schoß der Familie aufzunehmen. Als Überbringer einer Abschiedsbotschaft des Toten ist er ohnehin sogleich willkommen. Zweifel gibt es keine. Schließlich zeugt ein Foto davon, dass er tatsächlich mit dem Gefallenen gedient hat. Doch etwas stimmt nicht, daran lassen Regisseur Adam Wingard und Autor Simon Barrett, die zuvor den Überraschungs-Hit „You’re Next“ schufen, keinen Zweifel. Der Einsatz unbehaglicher Musik und Davids ins emotionslose gleitende Blicke, sobald er sich unbeobachtet wähnt, deuten das Kommende an. Vorhersehbar ist es trotzdem nicht. Da liegt der Reiz von „The Guest“, der als Psycho-Thriller beginnt, sich zur schwarzhumorigen Morität aufschwingt und am Ende irgendwo zwischen Action und Slasher landet.

Wer möchte, kann dem sehenswert eigenwilligen Streifen satirisches Potenzial attestieren. Zumindest streckenweise. Die Rechnung geht aber auch ohne Hintersinn auf. Das liegt vorrangig am starken Stevens, der als psychopathischer Kumpeltyp eine glänzende Figur macht. Der Rest des Casts kann da kaum mithalten, selbst wenn Monroe, Meyer und der später hinzustoßende Lance Reddick („John Wick“) das Potenzial ihrer Rollen zweifelsfrei ausschöpfen. Nur führt an David eben kein Weg vorbei. Sein eingangs erwähnter Drang zu helfen führt bald dazu, dass im Umfeld der Petersons Menschen sterben oder körperlicher Gewalt ausgesetzt sind. Als Anna skeptisch wird und beim Militär nach Antworten sucht, schaltet der Hausgast in den Terminator-Modus und verwandelt das ländliche Idyll in ein Kriegsgebiet.

Nach reduziertem Aufbau, der den undurchsichtigen David mitten ins zerrissene Herz der Petersons setzt, weitet sich der fiese kleine Schocker zum höllisch abgefahrenen Genre-Cocktail aus. Dass der kaum Spannung entwickelt und mitunter ein wenig zu langsam wirkt, mindert den stattlichen Unterhaltungswert keineswegs. Denn erlaubt ist, was den makabren Spaß mehrt. Sei es nun ein aus den Fugen geratenes militärisches Experiment als beiläufige Erklärung, Davids süffisante Manipulationen/Erniedrigungen oder der klassischen Horrorformeln folgende Showdown im für eine Halloween-Party vorbereiteten Schulauditorium, der Mangel erzählerischer Konstanz ist bei „The Guest“ schlicht Teil des Konzepts. Dafür steht auch der abrupte Schlusspunkt, mit dem die Übertreibung nachhaltig ihr Sahnehäubchen erhält. Ein erfrischend entfesseltes Stil-Potpourri mit bösem Witz, blutigen Spitzen und einem schlicht umwerfenden Hauptdarsteller.

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

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