The Eagle – Der Adler der Neunten Legion (USA/GB 2011)

der-adler-der-neunten-legionDas Joch der Regisseure und Drehbuchautoren ist die Macht der Produzenten. Besitzt ein Film nach ihrer Ansicht nicht ausreichend publikumswirksame Strahlkraft oder schlimmer noch, hat das Testpublikum kritisch abgewunken, erfolgen nicht selten Eingriffe, die die Vision der eigentlichen Macher nachhaltig zerstören. Im Vordergrund stehen eben immer noch wirtschaftliche Interessen. Kino soll Kasse machen und nicht Kunst schaffen, die die breite Masse nicht erreicht. Der Eindruck dieser Spaltung drängt sich auch beim Historienfilm „The Eagle – Der Adler der Neunten Legion“ auf, einem über weite Strecken gelungenen und überraschend vielschichtigen Drama, das über die final angehäuften Klischees und eine regelrecht ärgerlich flache Schlusssequenz auf der Zielgeraden stolpert.

Die eröffnenden Schriftzüge weisen ins Jahr 140 nach Christus. Ganz Britannien ist von den Römern besetzt. Ganz Britannien? Nein, denn die kriegerischen Stämme im Norden hören nicht auf, den Eindringlingen Widerstand zu leisten. Und wenn Rom die Ländereien der unbezwingbaren Horden nicht erobern kann, so werden sie eben durch den Hadrianswall einfach vom übrigen Rest der Welt abgeschnitten. Ausgerechnet in dies gefährliche Gebiet lässt sich der junge Offizier Marcus Flavius Aquila (solide: Channing Tatum, „Fighting“) versetzen. Natürlich nicht ohne Hintergedanken, will er doch um jeden Preis die besudelte Ehre der Familie reinwaschen. Denn sein Vater war Anführer der Neunten Legion, die jenseits des Schutzwalls ohne Lebenszeichen spurlos verschwand. Mit den Soldaten ging auch der goldene Adler, das Wahrzeichen einer jeden römischen Armee, verloren.

Als Kommandant eines kleinen Außenpostens will Marcus gezielt nach dem Adler suchen lassen. Doch ein aufrührerischer Stamm durchkreuzt seine Pläne mit einer Attacke auf das Fort. Die kann er zwar mit Mut und Entschlossenheit abwehren, schwere Verletzungen bringen ihm aber die ehrenhafte Entlassung aus dem Soldatenleben ein. Dieser Rückschlag will erst einmal überwunden werden. Doch mit Unterstützung des einheimischen Sklaven Esca (sehenswert: Jamie Bell, „King Kong“), den er in der Gladiatorenarena vor dem Tod bewahrte, wagt Marcus entgegen der Ratschläge seines Onkels (routiniert: Donald Sutherland, „Cold Mountain“) die gefahrvolle Reise ins Feindesland. Dort kehrt sich das Rollenverständnis von Herr und Sklave bald um, was der sich zaghaft entwickelnden Männerfreundschaft aber nur scheinbar im Wege steht.

Der von Oscar-Preisträger Kevin Macdonald („Der letzte König von Schottland“) rau und schmutzig inszenierte Film kann das enge Korsett des Sandalen-Epos schnell abstreifen. Neben Anlehnungen an gegenwärtige Weltkonflikte, allen voran den Krieg gegen den Terror, überwindet der Regisseur in grandiosen Bildern kulturelle Grenzen und nähert sich den Feinden Roms im Stile von Costners Naturvolk-Western „Der mit dem Wolf tanzt“. Die hektisch geschnittenen Schlachtintermezzi sind graphisch selten explizit, aber von einer archaischen Wucht, die der düsteren Stimmung merklich zuträgt. In der Vermengung von Erinnerung und Gegenwart dringt über Marcus zwar bisweilen reichlich Pathos durch, dem Scheitern nahe kommt „The Eagle“ aber erst beim klischeehaften Finalscharmützel um Adler und Ehre. Die Chance eines ungewöhnlichen Filmwerks wird damit regelrecht fahrlässig vertan. Aber Hauptsache, die Produzenten können nachts ruhiger schlafen.

Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

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