The Chumscrubber – Glück in kleinen Dosen (USA/D 2005)

the-chumscrubberDie amerikanische Vorstadt als Hort der Entfremdung: Die bittere Independent-Farce „The Chumscrubber“ wirkt wie eine Versuchsanordnung, die die Unvereinbarkeit von Eltern und Kindern beweisen will. Den Alten mangelt es an Empathie, den Jungen an Verantwortungsbewusstsein. Das titelgebende Videospiel, in dem sich der Überlebende einer nuklearen Katastrophe mit dem eigenen Kopf unter dem Arm seinen Weg durch Horden degenerierter Untoter bahnen muss, spiegelt die Situation in der wohlhabenden Gemeinde Hillside in animierten Zwischensequenzen metaphorisch wider.

Motor dieser scheinbar isolierten Fassade einer heilen Welt sind Pillen. Zur Beruhigung, zur Vitaminzufuhr oder einfach für den Rausch. Jeder scheint sie zu nehmen, wie selbstverständlich. Teenager Dean (Jamie Bell, „Unbeugsam“), der in der Schule als Psycho verschrien ist, erhält seine vom Vater (William Fichtner, „Prison Break“). Der ist Psychiater sowie Autor von Selbsthilfebüchern und versucht den Sohn zu therapieren, ohne ein offenes Ohr für seine Ängste zu haben. Dass Dean seinen besten, seinen einzigen Freund Troy erhängt in seinem Zimmer fand, dient mehr dem Vorwand der Selbstinszenierung.

Nun war Troy im schulischen Milieu aber der Hauptversorger von Pillenverteiler Billy (Justin Chatwin, „Krieg der Welten“). Der will Dean mit Hilfe seiner Freunde Crystal (Camilla Belle, „Unbekannter Anrufer“) und Lee (Lou Taylor Pucci, „Carriers“) dazu bewegen, ihm die Vorräte des Toten zu verschaffen. Dafür schreckt Billy auch nicht vor der Entführung des jungen Charlie (Thomas Curtis, „Kaltes Land“) zurück. Allerdings ist der gekidnappte Charlie nicht wie gedacht Deans Bruder, sondern der Sohn der Architektin Terri (Rita Wilson, „Auto Focus“), die mitten in der Vorbereitung ihrer Hochzeit mit dem apathisch wirkenden Bürgermeister (Ralph Fiennes, „Der Vorleser“) steckt. Das Verschwinden des Kindes bemerkt sie nicht einmal.

Dialoglastig und völlig unaufgeregt stellt das von Arie Posin sehenswert überspitzte Drama die Zweiteilung der Generationen in den Mittelpunkt. Ob Crystals Mutter („Matrix“-Amazone Carrie-Anne Moss) sich eine Gewichtszunahme der Tochter wünscht, damit sie selbst weiter lüsterne Blicke auf sich ziehen kann oder Billys alleinerziehender Vater (Tim DeKay, „Carnivale“) zwischen Strenge und Hilflosigkeit nur die eigene Misere anzuerkennen scheint, das Versagen der Eltern ist allgegenwärtig. Einzusehen scheint dies am Ende aber lediglich Troys Mutter (Glenn Close, „Damages“), die katatonisch jeden von einer Schuld am Tod ihres Sohnes freispricht und diesen erst durch Dean ein wenig kennenlernt.

Was „The Chumscrubber“ auszeichnet ist, dass der erlesen besetzte und glänzend gespielte Film in seiner ironischen Brechung nie den Blick für den realitätsnahen Kern verliert. Vergleiche zu Werken wie „American Beauty“, „Suburbia“ oder auch „Donnie Darko“ scheinen dabei müßig, wenn ihnen dies weitgehend ignorierte Werk auch standhält. Warum für die DVD-Neuveröffentlichung allerdings nicht auf den gelungenen deutschen Kinotitel „Glück in kleinen Dosen“, sondern die regelrecht idiotische Umbenennung in „Abgefugged – Die trügerische Idylle von Hillside“ zurückgegriffen wurde, bleibt völlig unverständlich.

Wertung: 7.5 out of 10 stars (7,5 / 10)

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