Syriana (USA 2005)

syrianaPolitik wird mitnichten nur im Weißen Haus oder dem Kanzleramt gemacht. Vielmehr zeichnen sich auf diesem Gebiet vor allem Wirtschaftsausschüsse, Geheimdienste und Großkonzerne als äußerst umtriebig aus. Primär geht es natürlich nur um den schnöden Mammon, vor allem auf dem Gebiet erschöpfbarer Ressourcen tobt geradezu ein Krieg. Die großen Industrienationen sind auf Rohstoffe angewiesen, so natürlich auch die USA, deren Außenpolitik seit jeher nicht gerade zimperlich mit ihren Mitmenschen umgeht. Diesem Thema nahm sich „Traffic“-Autor Stephen Gaghan an, der „Syriana“ grob auf die Erlebnisse eines Ex-CIA-Agenten aufsetzt. George Clooney – inzwischen Sinnbild für Kunst und Kommerz in Hollywood gleichermaßen – produzierte den Film, übernahm eine tragende Rolle und heimste den Oscar als bester Nebendarsteller ein. Berechtigt? Nicht unbedingt.

CIA-Agent Bob (Clooney) ist ein Experte im Nahen Osten. Er spricht nicht nur persisch, sondern kennt auch eine Vielzahl wichtiger Leute. Sein letzter Auftrag lief jedoch nicht ganz zufriedenstellend und er fällt bei seinen Vorgesetzten in Ungnade. Rehabilitierung soll sein nächster Auftrag bringen, bei dem er den vermeintlichen Terroristen und Prinzen Nasir (Alexander Siddig) eliminieren soll, der einigen Leuten zu mächtig erscheint und die lieber den Pro-USA eingestellten Bruder Nasirs auf dem Thron sehen wollen. Parallel wird der Finanzexperte Woodman (Matt Damon) Berater an der Seite Nasirs und die Fusion zweier großer Ölkonzerne steht auf der Tagesordnung, mit dessen Überprüfung der Anwalt Holiday (Jeffrey Wright) beauftragt wurde. Dieser kommt einem Komplott aus Bestechung und Korruption auf die Schliche.

Es ist beileibe nicht einfach, jedem einzelnen Handlungsstrang von „Syriana“ zu folgen, zudem ist dies ein Akt auf ganz dünnem Seil. Denn häufig wirkt der Film dadurch zu gewollt und überambitioniert. Es wird im Grunde nichts ausgelassen, was nur irgendwie in diese Thematik hereinzupressen wäre. Die wohl primären Ziele des Films in Form großer Ölkonzerne und deren maßgebliche Beteiligung auf politischer Ebene sowie der Drang zur Gewinnmaximierung ohne Rücksicht auf Verluste werden immer wieder durch kleinere Nebenschauplätze durchkreuzt. So ist vor allem die Entwicklung vom kleinen Jungen von nebenan zum Selbstmordattentäter fehl am Platze und zeigt ganz gut, das weniger manchmal mehr ist.

Die Vielzahl der verschiedenen Figuren, die unterschiedlichen Sprachen (arabisch mit englischen Untertiteln) und Interessen der einzelnen Gruppen werden in ein Korsett von 120 Minuten Länge gezwängt. Überzeugen kann „Syriana“ dabei trotz namhafter Besetzung nicht durchweg. Doch ist die Zeit zur wirklichen Entfaltung für die einzelnen Figuren häufig zu knapp bemessen, fast tragisch, dass die überzeugendste Figur von Matt Damon („Die Bourne Identität“) verkörpert wird, der wohl nicht zu den größten Darstellern seiner Zunft gehört. George Clooney („From Dusk Till Dawn“) gibt als vollbärtiger CIA-Agent eine solide – wenn auch nur bedingt Oscar-reife – Darstellung. In weiteren Rollen sind u.a. Amanda Peet („Identität“), Christopher Plummer („Waterloo“), Chris Cooper („American Beauty“), Jeffrey Wright („Broken Flowers“) und Alexander Siddig („Königreich der Himmel“) zu sehen, wobei letzterer neben Matt Damon zu den stärksten Akteuren des Ensembles zählt.

Zwischen Klischees und halbgarer Aufklärung ist „Syriana“ mehr gewollt denn gekonnt. George Clooney pendelt wie ein Zeitreisender zwischen dem Nahen Osten und der Heimat, Öl-Multis spinnen Intrigen bis in die letzten politischen Winkel und selbst ein Condoleezza Rice-Ersatz bei der CIA darf in Kürze das eigentliche Gesicht ihrer Heimat offenbaren. „Syriana“ ist gewollt ambitioniert, aber auf einigen Pfaden dann doch gescheitert. Wirklich Neues bietet der Film nicht, weder optisch mit seinen körnigen Bildern noch mit seinen vielen Handlungssträngen, die recht halbgar gen Ende zusammengeführt werden. Dort soll sich dann alles für den Zuschauer erschließen, doch hinterlässt der Film diesen genau mit ebenso vielen Fragezeichen wie zu Beginn des Films.

George Clooney mag mancherorts ein Mann des künstlerisch anspruchsvollen Kinos sein, der die Kommerz-Produktionen nur wegen seiner offenen Rechnungen zu drehen scheint. Doch ist sein „Syriana“ nicht das Meisterwerk, das den Puppenspielern von Politik und Wirtschaft die sprichwörtlichen Hosen runterzieht. So werden zwar Oscars gewonnen und auch wenn hier sicherlich die Wahrheit oder was dem nahe kommt gezeigt wird, so lässt die Umsetzung trotzdem einige Kritikpunkte zu.

Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

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