Siegburg (CAN/D 2009)

siegburgUwe Boll legt nach. Der gegenwärtig als schlechtester Regisseur der Welt gehandelte Filmemacher verabschiedete sich bereits mit dem exploitativen Kriegs-Drama „Tunnel Rats“ von unsäglichen Videospiel-Adaptionen und versuchte sich an ernsthaften Tönen. Zwar mit zwiespältigem Erfolg, aber doch einer durchaus respektablen Nachwirkung. Einen Schritt weiter geht er mit „Siegburg“, einem erschütternden Kammerspiel, das die Misshandlung und Tötung eines Häftlings durch drei Mitgefangene rekonstruiert.

Der medial intensiv behandelte Fall, der sich im November 2006 in der Haftanstalt Siegburg ereignete, dient Boll als Orientierung. Dass er die realen Vorfälle nicht im Detail nachzeichnen will, veranschaulicht bereits der Originaltitel „Stoic“. Wiederum geht es um die Bestie Mensch, um Gleichgültigkeit und die Verachtung des Lebens. Hinzu kommt die Dynamik von Gruppenzwängen, die die Täter zu immer neuen Grausamkeiten anstachelt. Dank der minimalistischen Umsetzung und intensiver Darstellerleistungen verfehlt der bisweilen kaum zu ertragende Film seinen Zweck nicht.

Nach einer harmlosen Pokerpartie fallen Harry (Edward Furlong, „American History X“), Peter (Sam Levinson) und Jack (Steffen Mennekes) über Zellengenosse Mitch (Shaun Sipos) her. In einem zwölfstündigen Martyrium wird er erniedrigt, gefoltert und vergewaltigt. Am Ende, jeden Lebenswillens entmündigt, zwingen ihn seine Peiniger zum Selbstmord. Die Zelle als zentraler Handlungsort wird zur Folterkammer, bei der jedes greifbare Utensil als Multiplikator des Schmerzes Verwendung findet. Boll zeigt viel und geht an die Grenzen der Zumutbarkeit. Der Schaulust des Splatters fällt sein Film aber glücklicherweise nie anheim.

Den Kontrast zur zehrenden, in der deutschen Fassung zensierten Gewalt bilden Verhöre, in denen die Mörder, die sich selbst als Opfer sehen, den Tathergang beschreiben. In diesen Szenen offenbart sich der Antrieb des Gruppenzwanges, von dem sich die Beteiligten mitreißen lassen, um nicht selbst in die Position des Geschändeten gedrängt zu werden. Mit minimalem Einsatz ringt Boll dem Stoff ein beachtliches Maß an Intensität ab. Fast dokumentarisch, ohne Distanz folgt er den schrecklichen Taten bis zum bitteren Ende. Der mit Abstand beste Film des gebürtigen Wermelskircheners ist sehenswert – wenn auch kaum zumutbar.

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

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