Shaun of the Dead (GB/F 2004)

shaun-of-the-deadA romantic Comedy. With Zombies.

Das Einfassen komödiantischer Elemente in die Genrespezifik des Zombie-Films verheißt im Normalfall nichts gutes. Bereits 1985 versuchte sich Dan O’Bannon mit „Return of the Living Dead“ an der Etablierung einer humoristischen Subkategorisierung des Splatterfilms, scheiterte jedoch an einer unausgegorenen Konzeptionierung und zwei belanglos trashigen Sequels. Erst das Aufkommen Peter Jacksons und dessen legendärer Trilogie des Terrors, bestehend aus „Bad Taste“, „Meet the Feebles“ und allen voran „Braindead“ rückte die Gorekomödie in einen weltweiten Focus der Aufmerksamkeit. Dieser Dammbruch bescherte der Filmindustrie in der folgenden Dekade eine Vielzahl ähnlich gestrickter Werke und staffierte bluttriefende Possen um Untote und andere Monstrositäten zu einem festen Bestandteil der postmodernen Gegenkultur. Bis der britische TV-Regisseur Edgar Wright („Spaced“) auf die Idee kam, schlurfenden Kadavern und den Menschen dahinter ein Denkmal jenseits vergänglichen Underground-Mulchs zu setzen.

Die Sonne des Lebens scheint nur bedingt auf das Dasein des Lethargikers Shaun (Co-Autor Simon Pegg, „Spaced“). Gefesselt an die Monotonie seines Jobs als Verkäufer, verbringt der eingefleischte Slacker seine Zeit zumeist vor dem Fernseher oder im Winchester, einem altgedienten Londoner Pub. Sehr zum Unwill seiner Freundin Liz (Kate Ashfield, „Flyfishing“) findet sich an Shauns Seite stets der übergewichtige Chaot Ed (Nick Frost, „Underground“). Die Mangelnden Perspektiven in ihrem Leben nötigen Liz eines Abends, ihren ambitionslosen Partner zu verlassen. Im Zuge einer durchzechten Nacht fasst dieser den Entschluss, seine Existenz am folgenden Tage neu zu gliedern. Dumm nur, dass sich aufgrund kosmischer Widrigkeiten die Toten aus ihren Gräbern erheben und die Lebenden verspeisen. In einem Anfall von Wagemut, bewaffnet mit einem Kricketschläger und geleitet von vager Ahnung sammelt Shaun nebst Ed Freunde und Familie ein, um sich am einzig sicheren Platz seiner Wahrnehmung zu verschanzen – im Winchester.

Edgar Wrights farcierender Horrorstreifen ist eine wahre Wonne für Freunde des eigenwilligen britischen Humors, wie gleichwohl die erhoffte Vitaminspritze für das entschlafene Genre der Splatter-Komödie. Ohne die Vorbilder plump zu kopieren kreiert Wright ein absurdes Panoptikum, in dessen unergründlichen Bahnen handfester Horror und bissiger Witz zu einer vorzüglich funktionierenden Einheit fusionieren. Nicht zuletzt, weil „Shaun of the Dead“ die differenten Ingredienzien für sich betrachtet sehr ernst nimmt, das Untotenthema geradezu altmodisch und mit einer gesunden Ladung Gore aufgreift. Überschattet von subtil gesellschaftssatirischem Charakter wechselt sich mitunter spannungsschürender Horror mit typisch britischen Humorkaskaden ab. Die ausgewogenen Personalisierungen der dosiert überzeichneten figurinen Stereotypen verlassen dabei kaum das Plateau wiedererkennbarer Wesenszüge und gestalten die Charaktere bei aller Realitätsferne ihrer Handlungen als glaubwürdig. Gebettet in einen leichtfüßigen Erzählfluss und geprägt von hervorragendem Timing augenzwinkernder Situationskomik setzt Regisseur und Co-Autor Edgar Wright narrative Akzente, die man sonst einzig von Matt Groenings „Simpsons“ gewohnt ist.

Die Macher von „Shaun of the Dead“ haben ihre Hausaufgaben offenkundig gemacht. Gleiches indes sollte auch für den Zuschauer gelten, will er die schiere Fülle ironischer Reminiszenzen im Fundus des kurzweiligen Films lokalisieren. Das Fischrestaurant trägt den Namen Fulci’s, Ash kommt nicht zur Arbeit ins Elektrofachgeschäft und Shauns Mutter (Penelope Wilton, „Iris“) heißt Barbara, was in eine formidable Anspielung auf George A. Romeros Meilenstein „Night of the Living Dead“ mündet („We’re coming to get you, Barbara!“). Im Kontext jenes visionären Großmeisters reüssiert „Shaun of the Dead“ bei dessen uninspirierter deutscher Namensgebung – „Ein Zombie kommt selten allein“ – einmal mehr das teutonische Unvermögen, den originalen Sprachwitz zu adaptieren, geschweige denn zu wahren. Dass selbiges im übrigen an die schlechte deutsche Synchronisation des Films anknüpft, schürt wiederholt die Empfehlung, diese irrwitzige Tour dé Force im englischen Originalton zu goutieren.

„Shaun of the Dead“ funktioniert nicht nur als inspirierte Persiflage des Zombiefilms, sondern ebenso vortrefflich als respektvolle Hommage an Romero, Raimi und Fulci. Edgar Wright bedient sich einer ausgefeilten Dramaturgie, welche binnen eines Wimpernschlags von Beziehungskomödie über Sozialsatire zu wahlweise atmosphärischem oder parodistischem Horror schreitet. In seiner ansprechenden Visualisierung offeriert der Film seine humoristischen Spitzen jedoch auf subtiler Ebene, indem die Mutation der meisten Menschen zu hirntoten Zombies kaum Veränderungen birgt. Befangen in agitativer Monotonie scheint der Löwenanteil der Spezies Mensch sein Dasein ohnehin den Untoten gleich zu fristen. Mit Charaktermime Bill Nighy („Love Actually“), Lucy Davis („Nicholas Nickleby“) und Dylan Moran („Notting Hill“) bis in die Nebenrollen vortrefflich besetzt und in seiner Gesamtheit herrlich gespielt, markiert „Shaun of the Dead“ ein Freudenfest politisch unkorrekter Unterhaltungsformen. Somit ist Edgar Wrights Kinodebüt nicht nur einer der witzigsten Zombiefilme, die je gemacht wurden, sondern auch einer der besten. „Shaun of the Dead“ verfügt nicht nur über das Zeug zum Kultfilm, er ist es bereits!

Wertung: 9 out of 10 stars (9 / 10)

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