Rückkehr ans Meer (F 2009)

rueckkehr-ans-meerFrancois Ozon und der Tod. Dem Lebensende, mehr noch Umgang mit und Verarbeitung dessen, widmete sich der französische Arthouse-Filmer bereits in „Unter dem Sand“ und „Die Zeit, die bleibt“. „Le Refuge“, im Deutschen fälschlicherweise mit „Rückkehr ans Meer“ überschrieben, bildet den Abschluss dieser lose verknüpften Trilogie über den zehrenden Verlust geliebter Menschen. Doch etwas ist anders. Ozon, dieser oft schmerzlich nüchterne Charakteranalyst, entdeckt in lebensfrohen Bildern bei aller thematischen Schwere plötzlich den Genuss des Augenblicks.

Der betont knapp abgehandelte Prolog zeigt Mousse (Isabelle Carré, „Herzen“) und ihren Freund Louis (Melvil Poupaud, „Eine Affäre in Paris“). Er ist ein Sohn aus gutem Hause und gibt sich mit der Geliebten hemmungslos der Heroinsucht hin. Als er an einer Überdosis stirbt, erfährt sie, knapp mit dem Leben davongekommen, dass sie schwanger ist. Auf der Beerdigung fordert Louis‘ dominante Mutter eine Abtreibung. Mousse pflichtet ihr wie betäubt bei. Doch sie, wie der folgende Zeitsprung ein paar Monate in die Zukunft zeigt, trägt das Kind trotzdem aus.

Zurückgezogen in ein abgelegenes Haus am Meer versucht Mousse – Carré war zur Zeit der Dreharbeiten tatsächlich schwanger – das Geschehene zu verarbeiten und sich auf die Mutterrolle einzulassen. Das plötzliche Auftauchen von Louis‘ homosexuellem Halbbruder Paul (gelungenes Debüt: Louis-Ronan Choisy), der auf dem Weg nach Spanien ein paar Nächte bei ihr unterkommen möchte, erregt den Verdacht der Kontrolle. Aber Paul ist kein Spion der Familie und so arrangieren sich die beiden für den Moment und kommen sich über wachsendes Vertrauen schließlich näher.

Die ungeachtet aller erzählerischen und vor allem dramaturgischen Zurückhaltung einnehmende Charakterstudie verzichtet auf Tempo und emotionale Überzeichnung. Ozon belässt den überzeugenden Hauptdarstellern ausreichend Freiraum zur nuancierten Entwicklung und kleidet diese in ungewohnt schwelgerische Bilder von Babybauch und Strandpanorama. Die Aufarbeitung des Verlusts schweißt die unterschiedlichen Figuren allmählich zusammen und ebnet den Weg für ein konsequentes Finale, dessen grundlegende Bitterkeit mit verblüffender Leichtigkeit zum lebensbejahenden Startpunkt einer hoffnungsvollen Zukunft wird. Selten war Tragik im Oeuvre Ozons schwereloser.

Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

 

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