Rohtenburg (USA/D 2006)

rohtenburgAls die künstlerische Freiheit über das Persönlichkeitsrecht siegte: Fast drei Jahre wurde „Rohtenburg“ unter Verschluss gehalten. 2006 hatte Armin Meiwes, der zu lebenslanger Haft verurteilte „Kannibale von Rotenburg“, gegen die Veröffentlichung des Spielfilmes geklagt. Das Oberlandesgericht Frankfurt gab ihm Recht, schließlich nehme das Werk trotz veränderter Namensgebung offenkundig auf ihn Bezug. Im Mai 2009 hob der Bundesgerichtshof das Urteil auf. Mit der Begründung, Meiwes habe sein Privatleben derart offensiv vermarktet, das sein Persönlichkeitsrecht nur eingeschränkt schutzwürdig sei.

2001 hatte Meiwes den Computerfachmann Bernd Brandes auf eigenen Wunsch kastriert und seinen Penis verspeist. Die von Martin Weisz inszenierte Spurensuche versucht psychologisch zu ergründen, was nicht begreiflich ist. Der Ausbruch aus der Einsamkeit, das Ausleben entarteter Triebe, führt die beiden Männer, hier Oliver Hartwin (Thomas Kretschmann, „Transsiberian“) und Simon Grombeck (Thomas Huber, „Die Anstalt – Zurück ins Leben“) genannt, zusammen. Aus dem Wunsch heraus, endlich als das gesehen und respektiert zu werden, was sie sind. Der eine will essen, der andere gegessen werden.

Der Film nistet sich in der mosaikartigen Ergründung von Lebensumständen ein, gefällt sich wie die im Off Motive und Persönlichkeiten analysierende US-Kriminalpsychologie-Studentin Katie (Keri Russell, „Girl in the Park“) aber zu sehr als interpretatorisches Instrument. Der Versuch der Fassbarmachung des Unfassbaren kratzt an der Oberfläche, schafft es aber nicht die psychotischen Untiefen der Figuren nachvollziehbar zu ergründen. Vorgeschoben werden Kindheitstraumata, soziale Ausgrenzung, Gewaltfantasien. Woher die pervertierten Sehnsüchte aber tatsächlich rühren, kann das spekulative Drama (logischerweise) nicht aufzeigen.

Eine absolute Wahrheit will Weisz, der mit dem Splatter-Sequel „The Hills Have Eyes II“ 2007 sein Ticket nach Hollywood löste, nicht abbilden. Mit dokumentarischen Einschüben wird Authentizität angestrebt, der wahre Horror als die provinzielle Abgeschiedenheit entlarvt, in der Grombeck im erschütternden quasi-sexuellen Akt ums Leben kommt. Die Hauptdarsteller überzeugen, durch Zurückhaltung, durch die Unscheinbarkeit der dargestellten Protagonisten. Das funktioniert insofern, als dass die schwere Verdaulichkeit nicht durch grausame Details als voyeuristisches Schlachtfest ausgebeutet wird. Die psychologische Simplifizierung allerdings bleibt einfach zu klischeebeladen.

Wertung: 5 out of 10 stars (5 / 10)

scroll to top