Robin Hood (GB/USA 2010)

robin-hood„Braveheart“ trifft „The Tudors“: In seiner Ausdehnung des „Robin Hood“-Mythos inszeniert Ridley Scott den englischen Sagenhelden als Widerstandsführer zwischen den Fronten eines politischen Machtkampfes. Befeuert wird dies intrigante Ränkespiel durch die beschwerliche Heimkehr König Richards (Danny Huston, „Children of Men“), der seinen Kreuzzug mit der Plünderung französischer Burgen beschließt. Der einst geliebte Regent ist gescheitert, der Sturm auf Jerusalem hat die Staatskasse geschröpft und sein Ansehen ruiniert. Entsprechend unrühmlich haucht er sein Leben im Dreck vor einer Feste fern der Heimat aus.

Unter seinen Männern findet sich der Bogenschütze Robin Longstride (bereits zum fünften Mal unter Scott vor der Kamera: Oscar-Preisträger Russell Crowe, „Gladiator“), den nach Richards Tod nichts mehr bei den königlichen Truppen hält. Mit vier Getreuen – u.a. Kevin Durand („Legion“) als Little John und Scott Grimes („ER“) als Will Scarlett – setzt er sich in die Heimat ab und wird unfreiwillig in den Umsturzversuch des englischen Verräters Godfrey (Marc Strong, „Sherlock Holmes“) verstrickt. Auf Geheiß des französischen Herrschers soll er den König töten und dessen Bruder John (Oscar Isaac, „Der Mann, der niemals lebte“) auf den Thron helfen. Denn eine Invasion Englands, so der kühne Plan, lässt sich mit dem schwachen John an der Spitze wesentlich leichter realisieren.

Scott, der bereits in „Königreich der Himmel“ ins finstre Mittelalter blickte, lässt die Vergangenheit gewohnt bildgewaltig und schmutzverkrustet lebendig werden. Vom Fleck weg versteht er es zu fesseln und trotz des komplexen Handlungskonstrukts Spannung aufzubauen. Leider verstrickt sich das Skript von Oscar-Preisträger Brian Helgeland („L.A. Confidential“) in der Eskalation der schwelenden Konflikte zunehmend in Klischees, die gerade die Brücke zwischen der Vorgeschichte und den populären Sagen um den gerechten Freischärler Robin Hood ungelenk und platt erscheinen lassen. Auch wirken wesentliche Figuren wie Bruder Tuck (Mark Addy, „Ritter aus Leidenschaft“) oder der Sheriff von Nottingham (Matthew Macfadyen, „Frost/Nixon“) deplatziert und einzig als Ode an die mythologischen Gewohnheiten in den Plot integriert.

Als Robin so zufällig wie schicksalsträchtig die Krone Richards in die Hände fällt, nimmt er für die sichere Überfahrt nach England die Identität des getöteten Ritters Robert Loxley an. Nach Johns Krönung sucht er Loxleys greisen Vater Walter (Max von Sydow, „Shutter Island“) auf, um ihn über den Tod des Sohnes zu informieren. Zum Schutz seiner Ländereien heuert Walter den Fremden an, in der Rolle seines Filius zu verweilen. Dessen Witwe Marion (Oscar-Presiträgerin Cate Blanchett, „Aviator“) ist von der Idee wenig begeistert, entwickelt bald aber Gefühle für den tatkräftigen Schein-Ehemann. Endgültig beweisen muss sich Robin, als eine französische Vorhut unter Godfreys Führung an Englands Küste landet und von John unbemerkt die Invasion vorbereitet.

Die sehenswerte Ausstattung wird von einem prominenten Nebencast (u.a. William Hurt, „Mr. Brooks“) gestützt, der das Helden-Epos spielfreudig seinem unnötig romantisierten Ausklang entgegen manövriert. König John, der zur Aufbesserung der Reichtümer den eigenen Adel attackiert, drängt England an den Rand eines Bürgerkriegs. Doch Robin, Sohn eines philosophisch veranlagten Steinmetzes, bringt neben der Einigkeit den gemeinsamen Kampfeswillen zurück, um das Reich in einer an den Auftakt von Spielbergs „Der Soldat James Ryan“ erinnernden Schlacht am Strand zu retten. Mit übertriebenem Pathos und dick aufgetragener Opferbereitschaft drängt Scott seinen Robin Hood zum Volkshelden. Geächtet und ausgestoßen wird er vom tyrannischen Regenten dennoch. Aber so bekannt der schlussendlich eingeleitete Rest, so verwunderlich ist doch der stetige Abwärtstrend eines anfänglich so prachtvollen Breitwandabenteuers.

Wertung: 6.5 out of 10 stars (6,5 / 10)

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