Rambo II – Der Auftrag (USA 1985)

rambo2Ein flüchtiger Blick auf das rassistisch-revisionistische Unterhaltungskino der 80er Jahre am Beispiel von „Rambo II“

Im Hinblick auf das amerikanische Nationalbewusstsein waren die Neunzehnachtziger zwischen Kaltem Krieg und Wettrüsten, Atomkriegsszenarien und politischen Drohgebärden der Regierungen Reagan und Gorbatschow mehr denn je geprägt vom Kampf des Kapitalismus gegen den Kommunismus. In kollektiv-kontinentaler Bestrebung des Sieges über die „Rote Gefahr“ wurden Stalins Erben nicht nur in politisch motivierter Propaganda als wüstes Permanentfeindbild angeprangert, sondern dem Geiste Joseph Goebbels entsprechend auch auf der Leinwand als Personifizierung staatsfeindlichen wie friedensschädigenden Übels diffamiert. Dieser einfallsreichen ideologischen Mobilmachung wurde bis zum wirtschaftlichen Niedergang der ehemaligen Sowjetunion gehuldigt, beizeiten sogar noch darüber hinaus, während gleichermaßen der Pro-Amerikanismus unter tatkräftiger Mithilfe der Filmindustrie immer neue Höhen zu erklimmen schien.

Dabei diente der desaströse, in den Endzügen gar im eigenen Lande kaum mehr zu rechtfertigende Krieg in Vietnam, welcher anders als der ach so „ruhmreiche“ zweite Weltkrieg in offen realistischer Betrachtungsweise lange aus dem cineastischen Bewusstsein Amerikas getilgt wurde, als Gestaltungshilfe mancher Rahmenhandlung.  Die damit verknüpfte, wenig tatsachengetreue Vergangenheitsbewältigung dieses bitteren historischen Kapitels grenzt nicht nur an schlichte Wahrheitsverzerrung, sondern gleichwohl an pure Perversion. Den Auftakt dazu lieferte bereits 1968, auf dem flammenden Höhepunkt des Vietnamkonfliktes, kein geringerer als der politisch motivierte Rechtsaußen John Wayne. Der Oscar-Preisträger und Publikumsmagnet präsentierte mit „Green Berets – Die Grünen Teufel“ ein krudes Kriegsspektakel, das selbst die kolossale Verharmlosung des auf Erlebnissen von Audie Murphy, seines Zeichens meist geehrter US-Soldat des Zweiten Weltkrieges (und B-Western-Held), beruhenden und mit ihm gleich selbst in der Hauptrolle verfilmten Kinohhits „Zur Hölle und zurück“ (1955) in den Schatten stellte.

Was jedoch auf diesen kriegerischen wie geistlosen Startschuss unsäglichen Leinwandnationalismus folgen sollte, war die systematische Degradierung fremdländischer Völker und Kulturen zu plumpem Kanonenfutter schablonenhafter US-Action-Maniacs. Von zeitgenössischer Klischeebefangenheit wie dieser ausgenommen, sollen aber auch bedeutsame Beispiele differenzierterer Aufbereitung solch soziopolitischer Traumata, speziell die „Nam-Psychose“, nicht unerwähnt bleiben. Zu ihnen zählen Francis Ford Coppolas Antikriegs-Opus „Apocalypse Now“ (1979), Michael Ciminos „Deer Hunter – Die durch die Hölle gehen“ (1978) oder Walter Hills „Die letzten Amerikaner“ (1981). Doch erfreuten sich anspruchsvolle, um Authentizität bemühte Werke wie diese weitaus geringerer Wertschätzung in der Gunst des Publikums als die Fülle heuchlerischer Oden auf stumpfen Hurrapatriotismus und altbackene amerikanische Siegermentalität.

So war das Kinojahrzehnt zwischen ausgehenden 70ern und ausklingenden 80ern gesäumt von reaktionärer Dutzendware wie „Missing in Action“ (1984). An politischer Zerfahrenheit wurde dieser jedoch noch um ein vielfaches vom elend rassistischen, obgleich in Deutschland deutlich entschärften Sequel überragt. Auch die lachhafte Kriegs-Fantasterei „Red Dawn – Die rote Flut“ (1984), „Der stählerne Adler“ (1985) – bei dessen Fortsetzung von 1988 Ost und West gar Hand in Hand gegen einen noch fieseren Aggressor agierten -, das verherrlichende Anti-Terror-Spektakel „Delta Force“ (1985), „Helden USA – Death before Dishonor“ (1987) oder „The Rescue“ (1988) dürfen in diesen moralisch verwerflichen Dunstkreis einbezogen werden. Als Häuptling dieser ethisch biegsamen Leinwandhelden darf allerdings kein geringerer als Sylvester Stallone in der Paraderolle des John J. Rambo betrachtet werden.

Zu verunglimpfen gilt es allerdings weniger das subtil kritische Original von 1982, sondern vielmehr George P. Cosmatos drei Jahre später initiierte Fortsetzung „Rambo – First Blood Part Two“, zu Deutsch „Rambo II – Der Auftrag“. Diese berüchtigte Königsübung ignoranter amerikanischer Selbstüberschätzung mitsamt seiner legendären Sublimierung des im Auftrag der gerechten Sache fechtenden US-Heroen adaptiert das Trauma Vietnam lediglich als schlichte Legitimation für ideologisches Keulenkreisen. Der einst gebrochene Charakter des hochdekorierten Kriegsveteranen John Rambo, als Protagonist aus einem Roman des Autors David Morrell übernommen, verkommt dabei zur Inkarnation oberflächlicher Rachegelüste, einer Art nationalistischem Erzengel Gabriel.

„Das, was Sie Hölle nennen, nennt Rambo sein zu Hause“, sinniert im Laufe dieses Gewaltmarathons der überstilisierten Tötungsmaschine ehemaliger Ausbilder Trautman (Richard Crenna, „Nevada Pass“). Um dies angedichtete Domizil von Roten Horden zu befreien, ist dem Supersoldaten jedes Mittel recht. So gewinnt Rambo den zur Produktionszeit bereits seit neun Jahren beendeten Krieg in Vietnam nachhaltig und leistet somit auch seinen Beitrag zur Wiederherstellung der angekratzten Ehre der “Weltpolizei“ USA. Dabei folgt die holprige Erzählstruktur dem Wege des ehemaligen Green Berets aus dem Arbeitslager in die Arme des militärischen Schreibtischtäters Murdock (Charles Napier, „Miami Blues“), der dem unkaputtbaren Einzelkämpfer die Möglichkeit zur Rehabilitation bietet. Rambo soll lediglich Gerüchte noch immer inhaftierter US-Soldaten in einem Internierungscamp nahe Thailands zerstreuen und ohne Aufsehen zu erregen die Heimreise antreten.

Doch entgegen der Spekulationen seiner Vorgesetzten findet der nimmermüde Krieger das Lager mitnichten verlassen vor. Mit Hilfe von Untergrundaktivistin Co Bao (Julia Nickson, „Double Dragon“) präsentiert er der perplexen Helikopterbesatzung am verabredeten Landeplatz einen der ausgemergelten Gefangenen. Murdock und co. (u.a. Martin Kove, „Stahljustiz“) jedoch scheinen politische Verwicklungen wie diese erhöhtes Kopfzerbrechen zu bereiten. So wird die Mission unter tatkräftigem Proteste Trautmans abgebrochen und der unerschütterliche Recke in der Fremde seinem Schicksal überlassen. Als Konsequenz wird Rambo von den heraneilenden Feindestruppen festgesetzt und folgerichtig für sein frevelhaftes Eindringen bis aufs Blut gefoltert. Im Zuge dieser geselligen Kontaktaufnahme macht die resolute Ein-Mann-Armee die unbequeme Bekanntschaft des manipulativen russischen Offizieres Padovsky (Steven Berkoff, „Beverly Hills Cop“), der nun seinerseits die Zeit lang gehegter Rachegelüste gekommen sieht.

Doch wie das Drehbuch manchmal so spielt, entkommt Rambo der Marter seiner Peiniger und entfesselt einen wahren Todesorkan, dessen Intensität durch das brutale Ableben Co Baos noch potenziert wird. Bis zur letztlich unvermeidlich eintretenden Befreiung der Kriegsgefangenen im blutigen Zusammenwirken mit der standesgemäßen Bestrafung der sinistren Aggressoren, erhebt sich in fideler Regelmäßigkeit eine Feuersäule nach der anderen aus den Wipfeln des Urwaldes. Dabei spielt es im Grunde keinerlei Rolle, ob sich Rambo nun eine Giftschlange, durchtriebene Flusspiraten oder die Hälfte der in kommunistischer Verdorbenheit badenden Infanterie Vietnams entgegenstellt, als Sieger geht stets der muskelbepackte Held hervor. Im Verlaufe dieser schier endlosen Fülle an Gewalttaten gehen allein 58 der 69 unmittelbar gezeigten Tötungsakte auf das Konto Stallones – obschon die Dunkelziffer aufgrund zahlreicher verheerender Brände und Explosionen wohl noch weit höher liegen dürfte.

Dem Publikum indes war diese plakative Hohenlied auf kompromisslos-militaristische Vorgehensweise einerlei und katapultierte den ersten von (bislang) zwei stumpfsinnigen Rambo-Aufgüssen mit einem sensationellen Einspielergebniss von 150,4 Millionen Dollar allein in den USA (weltweit gar 300 Million) als 17. -erfolgreichsten Film der 80er Jahre in die Annalen der Filmgeschichte. „Lohn“ dieser immens erfolgreichen, wenngleich künstlerisch wenig ansprechenden Arbeit, bildete sowohl eine Oscar-Nominierung in der Kategorie Best Sound Effect Editing als auch die ruhmreiche Einfuhr von vier Goldenen Himbeeren (Worst Actor, Worst Screenplay, Worst Picture, Worst Original Song). Oft kopiert, erwies sich gerade dieser Teil der Rambo-Trilogie als hochgradig dienlich für Kinoparodien aller Art, so etwa bei „UHF“ (1989) oder „Hot Shots – Der zweite Versuch“ (1993).

„Moskaus Rache für Rambo“ sollte indes noch im gleichen Jahr unter dem Titel „Im Alleingang“ auf dem Fuße des westlichen Kinoerfolges einherdümpeln, auch wenn dieser immens trashige Akt unfreiwillig komischer Leinwandvergeltung eher als kruder Blindgänger zu bezeichnen ist. In die frisch geschlagene Bresche tumber Gewaltorgien vor kriegerischem Hintergrund sprangen derweil schon frühzeitig die emsigen Italiener, die unter dem Deckmantel politischer Gleichschaltung einmal mehr im Fahrwasser amerikanischer Kino-Klischees banale Brutalo-Schinken in Fliessbandproduktion vorlegten. Solche wie „Jäger der Apokalypse“ (1980), „Cobra Force“ und „Der Kampfgigant“ (beide 1987) oder „Bye, Bye Vietnam“ (1988).

Verkörperte Sylvester Stallone im zweifach Oscar-prämierten Kinoklassiker „Rocky“ (1976) noch den oft zitierten Amerikanischen Traum – vom Tellerwäscher (oder Hinterhofboxer) zum Millionär – , verkam die Leinwandikone mit „First Blood Part Two“ zur eindimensionalen Polit-Marionette. Anfangs noch mit gehörigen charakterlichen Unterschieden ausgestattet, verschmolzen die stilisierten Heldenfiguren Rocky und Rambo durch das kinematographische Säbelrasseln in „Rambo II“ und „Rocky IV – der Kampf des Jahrhunderts“, von Sly Stallone 1985 höchstselbst inszeniert, endgültig. Den moralischen Zwiespalt formte dabei vor allem die von verbissener Ernsthaftigkeit getränkte Umsetzung George Pan Cosmatos‘, der nur ein Jahr später mit „Die City Cobra“ erneut einen archetypisch-zynischen Actioner mit Stallone in der Hauptrolle präsentierte.

Der handwerklichen Routine, fußend auf einem Skript von Stallone und dem späteren Star-Regisseur James Cameron („Terminator“, „Titanic“), steht die offenkundig vordergründige Rechtfertigung der mitunter explizit zur Schau gestellten Gewaltakte gegenüber. Der oft interpretierte Comic-Charakter Rambos kam hingegen erst im völlig überzogenen dritten Part zur Geltung. Ganz dem Geiste der Urheber entsprechend, glichen sich die darstellerischen Leistungen dem leichenblassen Grundton der eher statischen Bebilderung durch Kameramann Jack Cardiff („African Queen“, „Krieg und Frieden“) an. Simpel gestrickt und mit denkwürdig grottigen Einzeilern bestückt, bildet der von Mario Kassar und Andrew G. Vajna („Terminator 2 + 3″) produzierte Streifen überharte und partiell menschenverachtende Action mit hohem Explosionsanteil und martialischer Musik von Jerry Goldsmith („Alien“, „Star Trek – Der Film“).

Seinerzeit nur leicht gekürzt über germanische Gefilde hereingebrochen, wurde der umstrittene Action-Klassiker längst komplett ungekürzt auch in deutscher Sprache veröffentlicht. Trotz seines bescheidenen Rufes erfreut sich „Rambo II“ bei eingefleischten Freunden anspruchlosen Leichenzählens auch fast zwei Dekaden nach seiner Herstellung noch immer großen Anklangs. Über grobschlächtig-antiquierte Anschauungsmerkmale vermag sich der unbestreitbare Unterhaltungswert des Filmes allerdings nicht hinwegzusetzen.

Wertung: 4 out of 10 stars (4 / 10)

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