Orphan – Das Waisenkind (F/USA/CDN/D 2009)

orphan-das-waisenkind„I think people should always try to take the bad things that happen to them in their lives and turn them into something good. Don‘t you?“ – Esther

Obacht! Wenn bei einer Neunjährigen solcher Scharfsinn festgestellt wird, gibt es nicht viele Möglichkeiten. Der Spross ist entweder ein mit großer Intelligenz gesegnetes Wunderkind und Segen eines jeden nach Nachwuchs lechzenden Paares. Oder das Balg ist ein gewitzter und skrupelloser Killer. Soweit die Regeln des Genrekinos. Dass die titelgebende Waise in Jaume Collet-Serras („House of Wax“) drittem abendfüllenden Spielfilm eher der zweiten Kategorie angehören muss, verrät bereits das Cover.

Die Ehe von Kate (schon in „Joshua“ mit diabolischen Kindern zu tun gehabt: Vera Farmiga) und John (Peter Sarsgaard, „The Skeleton Key“) kriselt gewaltig. Seitdem Kate eine Totgeburt erlitten hat, geht es mit der sonst so idyllischen Familie bergab. Die älteren Kinder, Daniel (Jimmy Bennet) und die taubstumme Max (Aryana Engineer), leiden unter der Alkoholsucht der Mutter, welche nach dem verhängnisvollen Babyverlust ihren Schmerz im Hochprozentigen zu ertränken versucht. Daraufhin entscheiden die gepeinigten Eltern, ein Kind zu adoptieren, in der Hoffnung, wieder ein Stück Normalität zurück gewinnen zu können.

Die Wahl fällt auf die neunjährige Esther (grandios: Isabelle Fuhrman, „Hounddog“), die anfangs mit ihrem Animus verblüfft, um später umso mehr ihrer wirklichen, infernalischen Seite freien Lauf lassen zu können. Und diese Seite von ihr ist böse, wirklich abgrundtief böse. Was hat die Filmwelt schon nicht an vorpubertären Massenmördern hervorgebracht. Wir hätten da Teufels Nachkommen und -anbeter in „The Omen“ bzw. „Children of the Corn“, Dämonen in Lausebengel-Gestalt in „Whisper“, Menschen kontrollierende Albinos in „The Village of the Damned“, Virus befallene Kindsmörder in „Ein Kind zu töten“ und „The Children“ und noch einige mehr. Man schreckte sogar vor nach Blut dürstenden Monsterbabys („It‘s Alive!“) und ungeborenen Killerföten („The Unborn“) nicht zurück.

Doch „Orphan“ ist anders. Gewiss wird der finale Twist des Films nicht jedermann zufrieden stellen können. Ohne zu viel verraten zu müssen, kann eines vorweg genommen werden: Extraterrestrische Invasoren, diabolische Stammwurzeln oder unerklärbare Krankheiten sind nicht der Motor hinter Esthers perfidem Spiel. Ähnlich wie Isidro Ortizs „Shiver“ ist die Geschichte in der „realen“ Welt angesiedelt, auch wenn es anfangs scheinbar nur eine übersinnliche Erklärung für das bunte Treiben geben kann. Große Pluspunkte kann das Werk auch auf der Darstellerseite verbuchen. Vera Farmigas von Schmerz zerfressene Kate und die darunter leidenden Kinder können vollends überzeugen. Vaterfigur John schwächelt zwar etwas, ist aber keineswegs als misslungen zu bezeichnen.

Absolut knorke ist natürlich Isabelle Fuhrmann als durchtriebene Esther. So charismatisch hat sich noch kein Kind durch einen Film gemordet, auch wenn der gelungene Kniff am Ende dem Mythos „Killerkind“ doch etwas von seiner morbiden Faszination raubt. Doch gerade nach der Enthüllung und den Ereignissen danach kann man von der teuflisch guten Performance der 1997 geborenen Jungschauspielerin einfach nicht genug bekommen. Als einziges Manko wäre die Überlänge des Films zu nennen, da sich in 122 Minuten doch die eine oder andere Zähigkeit eingeschlichen hat. Rückblickend erinnert man sich aber nun doch lieber an ein wirklich böses, böses Mädchen und ihren verzweifelten Versuch, einfach nur geliebt werden zu wollen.

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

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