No Talk (D 1998)

no-talkZum Thema seiner Diplomarbeit erkor der Kölner Medienhochschulstudent Uli Wilkes ein extraordinäres Experiment aus – „No Talk“. Die TV-Talkmaster Alfred Biolek, Giovanni di Lorenzo, Jürgen Domian, Arabella Kiesbauer, Bärbel Schäfer und Roger Willemsen versammelten sich in einem Tonstudio und wurden zum Schweigen verdammt. Eine halbe Stunde saßen sich die berufsbedingt geschwätzigen Redner im Kreis gegenüber, ohne ein Wort sagen zu dürfen. Den Kampf gegen die Verlegenheit, den Drang der Worte, dokumentierte Wilkes mit speziellen, versteckten Kameras, die jedes Mienenspiel der Beteiligten ohne ihr Wissen aufzeichneten.

Epix veröffentlicht dies ungewöhnliche Dokument, dass, 1998 realisiert, bereits ein Jahr später auszugsweise im WDR ausgestrahlt wurde, auf DVD. Deren Erfolg allerdings dürfte sich ungeachtet der reizvollen Ausgangssituation in überschaubaren Bahnen bewegen, ist die digitalisierte Aufbereitung des paradoxen Laborversuchs doch höchstens für Medien- und Kommunikationswissenschaftler von Interesse. Als Gesamtdokumentation hätte das Ganze einen gewissen Charme versprüht, in seiner Reinform hofiert der Grimme-Preis nominierte Laborversuch höchstens Langeweile.

Die Unsicherheit der Probanden, das Lesen in stumm ausgetauschten Blicken, verliert sich rasch in wenig einträglichen Mutmaßungen. Selbst das üppige Zusatzmaterial – dessen Höhepunkt die erläuternde Tonspur für Blinde darstellt – hätte als dokumentarische Verknüpfung mit dem eigentlichen Material mehr Reiz versprüht. Das Interview mit Uli Wilkes ist nur bedingt aufschlussreich, die Reaktionen der Teilnehmer nach dem Experiment noch das für Deutungen willkommenste Element. „No Talk“ fußt auf einer Basis beobachtender Umkehrung, einer intelligenten Regression medialer Obligatorismen. Zweifelhaft ist nicht das Experiment, nur dessen Tauglichkeit für den heimischen Zeitvertreib.

Die DVD verfügt – zumindest im Bonusmaterial – über deutschen Ton. Neben dem 30-minütigen Versuch wird eine gesteigerte Interaktivität durch die Moderatoren-Solo-Takes erwirkt, bei der über die gesamte Spielzeit jeder Teilnehmer, abgesehen von Jürgen Domian, dessen Kamera ausfiel, allein observiert werden kann. In der Multi-Angle-Funktion kann die Kameraperspektive im Studio verändert werden, beim All-in-one-View werden alle Einstellungen auf einen Blick serviert. Daneben gibt es eine „Hinter den Kulissen“-Fotogalerie, Biografien von Regisseur und Teilnehmern sowie ein Blick in die während der Aufzeichnung zwecks Beantwortung eines vorgefertigten Fragenkatalogs verteilten Schulhefte.

Wertung: 4 out of 10 stars (4 / 10)

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