Mr. Nice (GB/E 2010)

mr-niceAls „Mr. Nice“ wurde Howard Marks international bekannt. Nach Schätzungen der amerikanischen Drogenbehörde DEA war der Waliser in den siebziger und achtziger Jahren für rund ein Zehntel des weltweiten Handels mit Marihuana und Haschisch verantwortlich. Marks selbst beteuerte stets, er habe nie mit harten Drogen gehandelt und bei seinen Geschäften auch keine Gewalt angewandt. Er betrachtete sich immer als sympathischer Gesetzloser, als Rebell gegen eine verkrustete Gesellschaft, deren Rollenbildern er nie genügte. Oder genügen wollte.

Aber rechtfertigt das den bewussten Entscheid zur kriminellen Karriere? Antworten liefert auch die filmische Skizzierung seines Lebenswegs nicht. Der Titel entspricht dem Spitznamen – und der 1996 veröffentlichten Biographie. Rhys Ifans („Anonymous“) portraitiert jenen „Mr. Nice“ hingebungsvoll und tatsächlich sympathisch. An kritischen Tönen ist „Candymans Fluch“-Regisseur Bernard Rose, der auch das Drehbuch schrieb und die Kamera führte, aber offenbar wenig gelegen. Zwar widmet er sich dem Werdegang des Großdealers im Stile klassischer Filmbiographien und hakt episodisch relevante Lebensstationen ab, würzt die Erzählung aber mit Humor und charakterlicher Überzeichnung.

Das gilt vor allem für den von David Thewlis („London Boulevard“) verkörperten IRA-Kämpfer Jim McCann, der hilft, Drogen aus Pakistan über Irland nach England zu schmuggeln. Bis es soweit ist, taucht Rose in Marks‘ Kindheit ein. Farbe ins einfache Leben des Musterschülers bringen erst die Drogen. Im Film sogar buchstäblich. Sind die einleitenden Rückblicke auf einfache Arbeitermilieus und die Drangsalierung durch Mitschüler in Schwarz/Weiß gehalten, wird es erst mit dem Drogenkontakt zur Studienzeit bunt. Marks schließt die Universität von Oxford ab, heiratet, wird Lehrer. Doch die Ehe scheitert und das konforme spießbürgerliche Leben bietet ihm keine Perspektive.

Also steigt er ins Drogengeschäft ein. In Zufallsbekanntschaft Judy (Chloë Sevigny, „Zodiac“) findet er eine Partnerin fürs Leben. Gefängnisstrafen entgeht er durch dubiose Geschichten um seine Vergangenheit als Informant des britischen Geheimdienstes. Am Ende wird er trotzdem zu 25 Jahren Haft verurteilt. Roses Darstellung gelingt es dabei nicht, sich von der einseitigen Sympathie für Marks zu lösen. Marks wird zum Opfer stilisiert, zermahlen von den Mühlen der Justiz. In der unbekümmerten Schilderung einer außergewöhnlichen kriminellen Karriere macht der Film Eindruck – und Laune. Nur die ernsthaften Töne trifft er einfach nicht.

Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

 

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