Modus Anomali – Gefangen im Wahnsinn (RI 2010)

modus-anomaliIndonesien ist nicht gerade als Hochburg des Horror-Kinos verschrien. Ändern könnte dies Joko Anwar („Dead Time“), der mit „Modus Anomali“ einen Schocker vorlegt, der internationale Standarten eigenwillig beugt. Dafür geht es – wie so oft – in den Wald. Dort schweift die Kamera über idyllisches Grün und sonniges Getier, ehe sich ein Mann aus dem lockeren Boden schält. Der hat keinen Schimmer, wer er ist und was er unter der Erde zu suchen hat. Einziger Anhaltspunkt ist ein Foto in der Tasche, das eine Frau und zwei Kinder im Teenager-Alter zeigt. Wer sollte es sonst sein, wenn nicht seine Familie?

Nach kurzem orientierungslosem umherstreunen stößt er auf eine Hütte, die Schauplatz eines grausamen, per Videokamera dokumentierten Verbrechens wurde. Damit nicht genug, trachtet ihm bald ein Unbekannter mit Machete und Armbrust nach dem Leben. Aber was und vor allem wer steckt dahinter? Die Suche nach Ausweg und Identität sträubt sich gegen die üblichen Konventionen – und gesteigertes Tempo. So kehrt nach rätselhaftem Auftakt Langatmigkeit ein, wenn der von Rio Dewanto („Java Heat“) überzeugend gespielte Mann durch den Wald stapft und mit heller Lampe um sein Leben rennt.

Atmosphärisch geraten ist das zweifelsfrei und auch die dicht am Protagonisten geführte Kamera verfehlt ihre Wirkung nicht. Doch passiert grundlegend nicht viel und das, was mit Einbindung der beiden Teenager als Zuspitzung verkauft wird, verursacht eher Stirnrunzeln. Auf die Sprünge hilft erst das Schlussdrittel, dessen entscheidende, durch eine ellenlange Autofahrt eingeleitete Wendung aber keine echte Überraschung ist. Dafür sorgt die Konsequenz, mit der Regisseur und Autor Anwar die offenen Fragen beantwortet, für die lange angestrebten verstörenden Momente.

Um Blut und Gewalt geht es bei „Modus Anomali“ trotz mancher Härte nicht. Eher um Freizeitangebote für Psychopathen. Unterm Strich ist das nicht zwingend logisch, dafür aber mit beachtlicher Kunstfertigkeit inszeniert. Nur weicht der Film vom gängigen Horror so weit ab, dass nicht wenige Freunde gepflegter Konfektions-Blutbäder enttäuscht zurückbleiben dürften. Zugute halten muss man Anwar das Streben nach Variierung. Allerdings lassen sich die gedehnt wirkenden Streifzüge durchs Unterholz damit nicht vollends kaschieren. Am Ende überwiegen die positiven Eindrücke. Die Strahlkraft der permanent durch die Natur getragenen Funzel erreicht der Film als Ganzes aber nicht.

Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

scroll to top