Lesson of the Evil (J 2012)

lesson-of-the-evil„United we stay. Divided we fall.“ – Aus der Punk-Historie und dem Überlebenshandbuch des Horrorfilms

Um Takashi Miike ist es ruhiger geworden. Früher legte der eigenwillige, oft auf die provokante Zurschaustellung von Gewalt setzende Regisseur ein halbes Dutzend Werke pro Jahr vor. Meist waren es schnell gefertigte B-Filme. Doch seit einiger Zeit dreht er vorrangig konventionelle Stoffe für die große Leinwand. Solche wie das Klassiker-Remake „13 Assassins“ oder die High School-Romanze „For Love’s Sake“. Gerade die fiel bei einigen Kritikern gnadenlos durch. Aber Miike wäre nicht Miike, fände er auf solche Schelte nicht die passende Antwort. Die ist mit „Lesson of the Evil“ überschrieben und wird dem Titel in einem überspitzten Orkan der Gewalt mehr als gerecht.

Im Mittelpunkt steht der junge Pädagoge Heiji Hasumi (Hideaki Itô, „The Princess Blade“),der nach außen wirkt wie ein Bilderbuchlehrer. Er ist engagiert, ambitioniert und hat für die Probleme der Schüler stets ein offenes Ohr. Doch hinter der Fassade des Englisch unterrichtenden Saubermannes lauert ein brutaler Psychopath. Bis er diese Seite jedoch offen zeigt, lässt Miike mehr als die Hälfte der zweistündigen Spielzeit verstreichen. Über kleine Tricks und Psychospielchen verschafft sich Hasumi beständige Vorteile und Machtpositionen. Wer ihm gefährlich wird, bekommt seinen Zorn zu spüren. Wie das aussieht, deutet der einleitende Rückblick in sein Elternhaus mit prophetischer Deutlichkeit an.

Hasumi spioniert die Schüler aus, setzt, um dem organisierten Betrug mit Mobiltelefonen bei Klassenarbeiten vorzubeugen, verbotene Störsender ein und lässt sich gar auf eine Affäre mit einer Schülerin ein. Als er den Argwohn eines Kollegen weckt, tötet er diesen und lässt es wie einen Selbstmord aussehen. Die aber häuften sich in Anlehnung an Goethe schon an Hasumis letzter Schule, so dass die Zweifel an ihm wachsen. Doch moralische Empfindungen sind ihm fremd. Also muss das Morden weitergehen. Und was wäre für eine umfassende Abrechnung besser geeignet, als die nahende Schulabschlussfeier, für deren Organisation seine Klasse am Vorabend im Gebäude der Lehranstalt weilt?

Nach verhaltenem Vorlauf explodiert Miikes Psycho-Thriller in einem orgiastischen Blutbad, bei dem Hasumi die Teenager rücksichtslos mit einer Jagdflinte ausmerzt. Die Umkehrung in der Realität hitzige Diskussionen forcierender Schulamokläufe ist dabei aber dermaßen grell überzeichnet, dass das finale Splatterfest unmöglich ernst zu nehmen ist. Zu Jazzklängen werden die Minderjährigen gleich dutzendfach in Stücke geschossen und von Kugeln durchsiebt meterweit durch die Luft geschleudert. Clever ist dieser streng exploitative Slasher-Anklang sicher nicht, doch unterstreicht der kompromisslose Comic-Charakter, dass Miike die Verve seiner kontroversen Hauptwerke nicht verloren hat. Streitbar, aber zumindest für hartgesottene Zuschauerkreise ein bitterböses Vergnügen.

Wertung: 6.5 out of 10 stars (6,5 / 10)

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