Lange Beine, kurze Lügen und ein Fünkchen Wahrheit… (USA 2008)

lange-beine-kurze-luegen„Forget it, Funke. It‘s high school.“ – Clara

Wenn man in der Videothek seines Vertrauens an den prallgefüllten Regalen vorbeischlendert und eine Nanosekunde lang Titel wie „Nie wieder Sex mit der Ex“, „Beim ersten Mal“ oder „Lange Beine, kurze Lügen und ein Fünkchen Wahrheit…“ wahrnimmt, so sendet der Thalamus dem Großhirn automatisch den überlebenswichtigen Befehl den Blick abzuwenden. Selbst wenn einem Bruce Willis vom Cover entgegenlacht. Der Ottonormal-Videothekenbesucher wird sich folgerichtig und unwillkürlich nach anderen Titeln umsehen, die ihm in ihren Klang sinnvoller erscheinen. Etwa „American Pie presents:…“.

Der Homo Cinematographicus hingegen konnte während seines langen Kampfes mit der allen Gesetzen der Logik trotzenden deutschen Filmbetitelung die subtile Fähigkeit entwickeln, hinter solch irreführenden Namensfälschungen die Spreu vom Weizen zu trennen. „Assassination of a High School President“, so der Originaltitel von „Lange Beine, kurze Lügen“ ist eindeutig dem Weizen zuzurechnen. Der dreht sich um Bobby Funke (Reece Thompson, „Dreamcatcher“), der zwar einen Nachnamen hat, den alle falsch aussprechen, dafür aber ein angehender Star-Reporter ist. Zumindest glaubt er das. Ganz anders sieht das Schülerzeitungs-Chefredakteurin Clara (Melonie Diaz, „Hamlet 2“), schließlich hat der Kaugummi-Enthusiast Bobby noch keine Story tatsächlich zu Ende gebracht.

Der Auftrag, einen Artikel über den allseits beliebten Schulsprecher Paul Moore (Patrick Taylor) zu verfassen, ist denn auch seine letzte Chance zu beweisen, dass er es tatsächlich drauf hat. In der Zwischenzeit werden aus dem Büro von Schuldirektor Kirkpatrick („Yippikayee Motherfucker“: Bruce Willis) die Eignungstests für das College, die gefürchteten SATs, geklaut. Im Zuge seiner Recherchen überführt Bobby bald ausgerechnet Paul als Schuldigen. Plötzlich wird er angesehen, die Ex-Freundin (Mischa Barton, „O.C. California“) des vermeintlich Schuldigen bandelt mit ihm an und dem ersehnten Journalistik-Stipendium steht auch nichts mehr im Wege. Lange jedoch hält dieser paradiesische Zustand nicht an.

Bobby kommt dahinter, dass Paul, der mittlerweile in der Irrenanstalt gelandet ist, reingelegt wurde. Bei dem Versuch, den Fall ins rechte Licht zu rücken sieht sich der Schnüffler mit einem Netz aus Lügen und Intrigen konfrontiert, die zum Schluss gar lebensbedrohliche Ausmaße annehmen. Schon 2005 verlagerte „Brick“ den Film Noir ins High School-Milieu. Ihm folgt Brett Simon, der zuvor den Kurzfilm „Sailor‘s Girl“ drehte. Auch er mischt das unkonventionelle Genre der „Schwarzen Filme“, die ihre fruchtbarste Zeit in den 1940ern und 50ern erlebte, mit Elementen der High School-Komödie. Der investigative Held trinkt hier nicht wie ein Loch, dafür kaut er ständig Kaugummi. Die Femme Fatale ist natürlich das begehrteste Mädchen der Schule und der Fall so verwoben, dass schlussendlich nichts so ist, wie es anfangs scheint.

Einige Reminiszenzen, etwa an den legendären „Chinatown“ oder auch den abweichenden „Die üblichen Verdächtigen“, versüßen den Filmspaß enorm. Hinzu kommt noch die kleine, aber unglaublich witzige Nebenrolle von Action-Ikone Bruce Willis, der sich als Ex-Soldat in Rektorfunktion ungeniert selbst persifliert. Zu jeder Situation hat die markanteste Glatze Hollywoods ein passendes Analogon aus seiner Zeit auf den Kriegsfeldern dieser Welt parat, was nicht selten urkomisch daher kommt. Die Rolle des Disziplin schätzenden Schuldirektors ist seine beste seit langem.

„Assassination of a High School President“ ist im Großen und Ganzen eine gelungene Cross-Over-Komödie und keineswegs die seichte Parodie des Film Noir, wie es von einigen Stellen behauptet wird. Ein cooler Soundtrack, sichtlich gut gelaunte Darsteller und eine Story, die zwar nicht das Detektivfilm-Rad neu erfindet, aber blendend unterhält – was will man mehr? Für Liebhaber anspruchsvollerer Komödien also genau der richtige Stoff. Die anderen warten lieber auf den neuen „American Pie presents:…“.

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

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