Kids – In den Straßen New Yorks (USA 2006)

kids-in-den-straßen-new-yorksDeutschland, deine Titelgeber. Was hat sie nur wieder geritten, als sie Dito Montiels autobiographisches Drama „A Guide to Recognizing Your Saints“ mit dem unsäglichen Namen „Kids – In den Straßen New Yorks“ abspeisten? Eindruck jedenfalls schindet er keinen. Höchstens die Erwartung einer Mischung aus Larry Clark („Kids“) und Robert De Niro („In den Straßen der Bronx“). Doch selbst die ist Abwegig. Zwar spielt Jugendkriminalität eine Rolle und ebenso ein kompliziertes Vater-Sohn-Verhältnis. Aber Montiel rekapituliert sein eigenes Leben und sucht nach dem Buch nun über den Film nach Vergebung.

Ins Kino schaffte es das starke Debüt in unseren Breiten nie. Auch als Verleihpremiere fand er (bislang) kaum Beachtung. Das ist bedauerlich, denn allein die Besetzung lässt mit der Zunge schnalzen. Den jungen Dito spielt Shia LaBeouf („Transformers“), mittlerweile in Hollywoods Oberhaus aufgestiegen. Die erwachsene Version verkörpert Robert Downey Jr. („A Scanner Darkly“), der schwierige Rollen nie gescheut hat. Als seine Eltern treten Chazz Palminteri und Dianne Wiest auf, die bereits für Woody Allens „Bullets Over Broadway“ gemeinsam vor der Kamera standen. Sie sind das Herz der ergreifenden, eigenwillig erzählten Geschichte.

In New York wächst Dito als einziger Spross seiner recht betagten Eltern auf. Die Jugend fällt in die Neunzehnachtziger, wo er abseits der Schule mit seinen Freunden Nerf (Peter Tambakis, „Igby“) und Antonio (Channing Tatum, „Step Up“) die Zeit totschlägt. Auf der Straße, wo sie als Clique über einen gewissen Ruf verfügen. Doch etwas geht schief, etwas, das Dito fortzieht. 15 Jahre später, an der Westküste hat er es mittlerweile zum erfolgreichen Autor gebracht, kehrt er auf Wunsch der Mutter heim, um den kranken Vater zu besuchen. Die Reise führt ihn zurück zu seinen Wurzeln – und den Menschen, die er einst im Stich ließ.

Das Wie und Warum offenbart sich in verschachtelten Rückblenden, in denen Dito mehr zufällig ins Visier eines brutalen Kleingangsters gerät. Der Teufelskreis aus Gewalt und Gegengewalt kommt in Gang. Bis schließlich nichts mehr ist, wie es einmal war. Glänzend besetzt und ebenso gespielt, kann sich neben den etablierten Akteuren auch LaBeouf im Charakterfach auszeichnen. In kleinen Rollen gibt es zudem ein Widersehen mit Rosario Dawson („25 Stunden“) als Ditos nun erwachsene Jugendliebe Laurie sowie Eric Roberts („Spun“) als der im Gefängnis ausgewachsene Antonio.

Frei von Klischees und falschen Sentimentalitäten rechnet Autor und Regisseur Montiel ab, mit seinem Umfeld, seiner Heimat, aber allen voran sich selbst. Das stark fotografierte und in der Darstellung sehr zurücknehmende Drama vermeidet Klischees und Weichzeichner. Unbequeme Aspekte werden wahrlich nicht gescheut, doch werden sie so nüchtern wie möglich transportiert, was den Schauspielern großes Geschick abverlangt. Die Frage nach Schuld und Vergebung wird am abrupten Ende nicht beantwortet. Warum auch? Solch intime Prozesse brauchen Zeit. 96 Minuten sind da gerade zur Andeutung gut. Ein kraftvoller Film, für die anspruchsvolle Klientel eine echte Entdeckung.

Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

scroll to top