Into the Sun (USA 2005)

into-the-sun„What a surprise. You look younger and taller.”

Ein weises Sprichwort besagt, die Feder sei stärker als das Schwert. Mit zunehmendem Aufkommen runzliger Stirnfurchen scheint auch Steven Seagal den Funken Wahrheit in sprichwörtlicher Weisheit entkernt zu haben, fungierte der bis zum Platzen angeschwollene B-Movie-Bomber bei seinem jüngsten Streich „Into the Sun“ doch als Ideengeber wie gleichwohl Co-Autor. Und um den Kreis zu eingangs angeführtem Sprichwort zu schließen, greift Seagal im jüngsten Direct-to-DVD-Kracher neben Feder natürlich auch zum Schwert – was sich in knackiger Action ergießt, die unrühmliche Ausrutscher wie „The Foreigner“ oder „Out For a Kill“ fast vergessen lässt.

Travis Hunter (Seagal) ist CIA-Agent auf Abruf. Kein Amerikaner kennt das kriminelle Milieu in Japans Millionenmetropole Tokio besser als er. Als der Spitzenkandidat auf das Amt des Gouverneurs einem Attentat zum Opfer fällt, zieht Agent Block (William Atherton, „Last Samurai“) Hunter zu den Ermittlungen hinzu. Zur Unterstützung wird dem erfahrenen Mann fürs Grobe der Grünschnabel Sean (Matthew Davis, „Below“) an die Seite gestellt. Schon bald gerät das ungleiche Gespann ins Visier des skrupellosen Gangsters Kuroda (Takao Osawa, „Sky High“), der in Zusammenarbeit mit den chinesischen Tongs ein mächtiges Drogenkartell errichten will. Neben dem traditionsbewussten Yakuza Kojima (Eve Masatoh, „Jump“) ist der hartnäckigste Dorn in Kurodas Auge der schlagfertige Spezialagent. Als die Gangster daraufhin erst Sean und dann Hunters Verlobte ermorden, sieht der Schwertmeister rot.

Mit „Into the Sun“ wollte Seagal sein endgültiges Kino-Comeback feiern. Als ausführende Produzentin trat Tracee Stanley in Erscheinung, die nebst sporadischem Partner Elie Samaha bereits bei bösen Flops wie „Battlefield Earth“, „Avenging Angelo“ oder „Ballistic: Ecks vs. Sever“ wenig Gespür für funktionale Stoffe gezeigt hatte. Trotzdem segnete Hollywood-Multi Warner das Projekt mit einem stolzen Budget von 35 Millionen Dollar, befand den fertigen Film allerdings für wenig leinwandtauglich. Das Ende vom Lied ist die Durchreiche des Streifens zum Vertreiber Destination Films und die Gewissheit, dass man Steven Seagal kaum mehr unter solch verheißungsvollen Bedingungen vor der Kamera erleben wird.

Dem Titel entsprechend nimmt „Into the Sun“ den obligatorischen Hubschrauberflug ins idyllische Abendrot bereits zum lahmen Auftakt im Fahrwasser von „Sniper“ vorweg. Die Einführung Seagals gerät bleihaltig und hinterlässt doch Argwohn bezüglich Regisseur minks („Full Clip“) – der in Kürze „Mortal Kombat Devastation“ inszenieren wird – Fähigkeiten im Actionfach. Trotz Charakterklischees und vieler handwerklicher Unzulänglichkeiten – die Erzählung wirkt streckenweise arg lustlos, die Montage der bestechend fotografierten Bilder unbeholfen – weiß der Film in Folge aber doch zunehmend zu gefallen. Das liegt weniger am eher seltenen Aufkommen von feurigen Actionszenarien, als vielmehr am sichtlich entspannten Auftreten Steven Seagals.

Der 54-jährige Schlagetot ist noch immer so ausdrucksstark wie eine Tasse Reiswein, hat beim Handyklingeln in bester Gesellschaft aber zumindest das Novum des verlegenen Grinsens für sich entdeckt. Auch der Heiratsantrag an seine Holde offeriert schräge Schauspielaspiranz, wenngleich Seagal im Gegenzug mit lang vermisster Präsenz durch den Großstadtdschungel Tokios strolcht. Glücklicherweise geht der feiste Wonneproppen weniger beleibt als noch in „Belly of the Beast“ zu Werke und scheint trotz manch gedoubeltem Nahkampf in guter Form. Zumindest reicht es für Handkanten in Frontansicht und weit weniger Affinität zu einer gefüllten Mastgans als zuletzt.

Als unerfahrener Sidekick hat Matthew Davis manchen Schmunzler auf seiner Seite. Allerdings kann auch der sympathische Einsatz des Jungmimen nicht die völlige Unzweckmäßigkeit seiner Figur tünchen. Denn das Auftreten des Agenten Sean fußt weder auf den Gepflogenheiten des Buddy-Movies, noch entsteht auch nur im Ansatz der Hauch von Chemie zwischen ihm und Filmpartner Seagal. Entsprechend desinteressiert nimmt dieser denn auch das plötzliche Verschwinden des Schutzbefohlenen zur Kenntnis. Darstellerischem Einheitsbrei wird zumindest dank der guten Besetzung – u.a. Hongkong-Action-Veteran Ken Lo („2000 AD“), Pace Wu („A War Named Desire“), Akira Terao („Ran“) und „Kill Bill“-Herzchen Chiaki Kuriyama („Battle Royale“) mit wortlosem Kurzauftritt – die Stirn geboten.

Aufgrund des schwachen Skripts ist das Schwert hier eindeutig stärker als die Feder. Denn aus spärlich gestreuter Action – die sich meist auf kurze, dafür blutige Shoot-Outs und Exekutionen beschränkt – gewinnt Regisseur mink im fortschreitenden Handlungsverlauf einige Schauwerte. Im furiosen Showdown macht uns Steven den Swordsplay-Seagal und hackt sich wenig zimperlich seinen Weg durch die gegnerischen Reihen. In bester Tradition des japanischen Kinos darf Blut in ergötzlichen Fontänen aus aufgeschlitzten Leibern spritzen und Global-Player Seagal mit der Kraft einer Dampfwalze zynisch Leben auslöschen.

„Into the Sun“ ist weder Glanzstück noch Offenbarung, dafür ein unterhaltsamer Action-Thriller mit einem gut aufgelegten Hauptdarsteller. Zwar ächzt der Mittelteil unter der Last der Dialoge, doch dürfte spätestens das finale Scharmützel manchen Fan der Kampfwurst – hier ausschließlich in einen figurverdeckenden knielangen Mantel gehüllt – versöhnlich stimmen. Gewohnt ist man von Seagal mittlerweile schlimmeres, also ergötze man sich lieber an temporärem Glanz, bevor der marinierte Lummerbraten erneut aus allen Nähten und Drehbüchern platzt.

Wertung: 5 out of 10 stars (5 / 10)

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