Interview mit Steve From England (Januar 2011)

steve-from-england-2011Stell STEVE FROM ENGLAND und die Geschichte eurer Zusammenkunft einleitend doch kurz vor.

Baake: STEVE FROM ENGLAND ist eine 2008 gegründete Hardcore-Punk Band aus dem wunderschönen Hannover.

Mit unserem Schlagzeuger Alex mache ich bereits seit dem gemeinsamen Glockenspielunterricht Musik, Maik ist vor einigen Jahren quasi nur wegen uns vom Cello auf die Gitarre umgestiegen, weil wir Ihm gesagt haben, dass ein Cello bei den Jungs unseres Problembezirks nicht sonderlich angesehen wäre und unser damaliger Gitarrist Dorian durfte nur mitmachen, weil er unseren Altersdurchschnitt so nach unten zog, dass wir noch an Schul-Wettbewerben teilnehmen konnten. Unser Sänger Martin war vorher lange Zeit mit einer allseits bekannten Flötengruppe, die im Sommer durch die Innenstädte tingelt, unterwegs, wurde jedoch von einem mit einer längeren Flöte ersetzt, so dass er sich gegen seine Rekrutierung kaum wehren konnte!

So, oder so in etwa dürfte das wohl gewesen sein… In Eigenregie habt ihr Ende 2010 euer Debütalbum „Serenity Is Just A Relic“ herausgebracht. Was könnt ihr über die Entstehungsgeschichte der Platte erzählen?

Baake: Ich nutze dafür einfach einmal die einführenden Worte des Sprechers einer Serie über ein gallisches Dorf:

Wir schreiben das Jahr 2010! Die gesamte HC-Musik wird von Bollo-Idioten besetzt…! Der gesamte HC??? Nein!!! Eine unbeugsame Band aus Hannover hört nicht auf, den Eindringlingen Widerstand zu leisten!!!

Satte 14 Songs haben den Weg auf das Album gefunden, die das hohe Niveau erstaunlicherweise durchweg halten. Wie lange habt ihr an den Stücken und dem schlussendlichen Sound feilen müssen?

Baake: Wir haben uns im gesamten Prozess keinerlei zeitlichem Druck ausgesetzt. Letztendlich haben wir bereits seit unserer Gründung 2008 an dem Sound der Band und an eigenen Stücken gearbeitet. So etwas passiert natürlich nicht von heute auf morgen und nimmt einige Zeit in Anspruch. Entsprechend haben wir gut anderthalb Jahre an den Songs getüftelt, zwischendurch immer mal wieder ein paar fixe Demoaufnahmen gemacht, um zu gucken, wie sich das dann auch auf Platte anhören könnte und haben dann noch einmal fast ein halbes Jahr mit den Aufnahmen zu „Serenity Is Just A Relic“ verbracht.

Anlässlich der Qualität eurer Musik scheint schwer vorstellbar, dass sich kein Label für die Veröffentlichung interessiert hat. Sind die Chancen frischer Bands auf einen Plattenvertrag wirklich so gering?

Baake: Die grundsätzliche Frage ist ja, was man erreichen möchte und was uns ein Plattenvertrag mit einem kleinen Indie-Label dann überhaupt bringen würde. Unser Ziel ist es unsere Band möglichst vielen Leuten ans Herz legen zu können und ich bin mir sicher, dass wir bereits nach vier Wochen freien Download der Platte weitaus mehr Leute erreicht haben, als wir jemals an CDs verkauft hätten. Wir hatten diesbezüglich auch schon sehr gute Erfahrungen mit den Demoaufnahmen gemacht, die wir ja ebenfalls schon als freien Download angeboten hatten.

Du kannst Dir ja mal anschauen, wie die CD-Verkaufszahlen in unserem Genre zurzeit in Deutschland so ausschauen und ich denke Du wirst mir recht geben. Das heißt natürlich, dass man sich auch selber um die Promo usw. kümmern muss, aber wir sind halt gerne autark und tun dieses auch mit einer gewissen Überzeugung!

steve-from-england-serenity-is-just-a-relicEuer Sound lässt Vergleiche zu Bands wie COMEBACK KID oder SINKING SHIPS zu. Stört es euch in eine bestimmte Schublade gezwängt zu werden – oder entsprechen solche Vergleiche auch einer gewissen Würdigung?

Baake: Das sind sicherlich beides Bands, die Du auch in unserer Plattenkiste finden wirst. Und wenn man unbedingt einen Vergleich mit anderen Bands sucht, dann treffen diese sicherlich auch eher zu, als so manch anderer Vergleich wie PROPAGANDGHI oder WATERDOWN, mit dem wir bereits konfrontiert wurden.

Wir haben es uns sicher nicht zur Aufgabe gemacht Musik neu zu erfinden, dennoch würde ich uns persönlich jedoch auch eine gewisse Eigenständigkeit nicht absprechen. Eine (womöglich sogar noch schlechtere) Kopie einer bereits existierenden Band ist so überflüssig wie der „Meika-Curry-King“!

Wie umschreibt ihr selbst eure Musik?

Baake: Ich finde GERMAN-AMATEUR-HARDCORE , trifft die Sache ganz gut! Ist natürlich mit einem leichten Augenzwinkern zu sehen! Aber auch dieses passt zu uns. Wir haben bei einem Fotoshooting auf Anweisung der Fotografin einmal probiert böse zu gucken, aber das Ergebnis hatte eher etwas von einer Gruppe schwer erziehbarer Teenager, denen gerade Ihr GameBoy weggenommen wurde. Wir sind es einfach nicht und wollen das auch niemandem verkaufen. Nüchtern betrachte könnte man wohl von „melodischem Hardcore-Punk“ sprechen.

Der Albumtitel deutet eine gewisse thematische Düsternis bereits an. Wovon handeln eure Texte?

Baake: Dazu kann Dir unser „Sänger“ Martin eindeutig am besten etwas sagen:

Keiner kann mir erzählen, er würde nicht gerne selbst einmal seine ganzen scheiß Gefühle rausbrüllen. Wir machen Hardcore und niemals war die Grundidee eine andere, als sich über Missstände zu beschweren. Welcher Art diese sind, ob politisch, religiös oder eben persönlich wie bei mir, ist doch völlig egal. Ich habe immer schon über alles geschrieben, was mich traurig macht, was andere um mich rum traurig macht und Sachen die generell nicht ok sind aus meiner Sicht. Glückseligkeit ist ein Zustand, den ich auch definitiv nicht erreichen werde in Naher Zukunft. Mag sein, dass ich deswegen etwas pessimistisch an die Texte dieses Albums rangegangen bin, aber es kann sein, das wir auf dem nächsten happy-hippo Texte haben. Stell dir einfach vor, ein Katy Parry-Video wird ins gedruckte Wort übertragen – Wouldn´t it be nice? (Martin)

Auf eurer Internetseite habt ihr „Serenity Is Just A Relic“ zum Gratis-Download bereit gestellt. Ist dies der sicherste Weg Aufmerksamkeit zu erregen und neue Auftritts-Möglichkeiten zu erschließen? Auf den Kosten für die Produktion bleibt ihr ja erst einmal sitzen.

Baake: Wir sind in der sehr glücklichen Situation, über eigene Aufnahmemöglichkeiten im Proberaum zu verfügen. Unser Schlagzeuger Alex hat in den letzten zehn Jahren reichlich Geld, Zeit und Herzblut investiert und sich ein nettes kleines Studio aufgebaut und bereits ein paar schöne Platten, ja ich möchte bald sagen Jahrhundertalben, produziert. Davon profitieren wir natürlich reichlich! Wir haben also alles in Eigenregie aufgenommen, gemischt und entsprechend keinerlei direkte Unkosten dafür gehabt. Jedenfalls vier von uns fünf! Für Leute, die lieber etwas Physisches in der Hand halten, haben wir allerdings auch eine kleine Auflage CDs pressen lassen, die wir hauptsächlich live verkaufen, aber auch für Promozwecke gebrauchen.

Wer ist für das eher ungewöhnliche Artwork verantwortlich?

Baake: Die Grundidee mit den Strichmännchen und dem „Galgenspiel“ stammt von mir. Die Umsetzung kam von unserem Sänger Martin. Uns war es wichtig bereits mit dem Cover auszudrücken, dass wir uns persönlich nicht zu ernst nehmen und alles andere als irgendwelche „tough-guys“ sind. Ich denke zumindest das ist uns damit auch gelungen. Über den Rest lässt sich natürlich streiten…

Wie waren die bisherigen Resonanzen auf eure Platte?

Baake: Das bisherige Feedback zu „Serenity Is Just A Relic“ ist, in der Form von uns nicht erwartet, eigentlich ausschließlich fast übertrieben positiv! Das freut natürlich und macht Lust auf mehr. Wir sind gespannt, was da noch so kommt. Für alle näher Interessierten haben wir die bisherigen Presseresonanzen einfach mal auf unserer Facebook-Seite online gestellt.

steve-from-england-band-2Um Promotion und Vertrieb von „Serenity is Just a Relic“ habt ihr euch offenbar bislang auch selbst gekümmert. Gibt es bereits Kooperationen, um euch die Arbeit zukünftig zu erleichtern?

Baake: Es ist in der Tat so, dass alle Bereiche momentan noch von uns abgedeckt werden. Ich glaube mehr DIY hat es in noch keiner anderen Band gegeben. Wenn wir jetzt auch noch unsere eigene Vorband wären…! Aber wir sind natürlich für jede, auch noch so kleine Unterstützung, dankbar. Wenn also irgendjemand, uns irgendwie helfen möchte, dann möge er sich doch bitte einfach melden.

Wie ist bei euch das Booking organisiert? Wird es eine Tour zur Platte geben?

Baake: Eine zusammenhängende Tour wird es in dem Sinne leider nicht geben. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass es bei Bands unseres Bekanntheitsgrades ziemlich undankbar ist in der Woche Konzerte zu geben. Aufgrund des niedrigen Zuschauerzuspruches macht das weder für die Band noch für den jeweiligen Veranstalter wirklich Sinn.

Man müsste da schon eine Stange Geld in die Hand nehmen und sich auf eine Tour mit einer etablierten Band einkaufen, damit sich das lohnt. Das ist mittlerweile keine Seltenheit mehr, widerstrebt allerdings völlig unserer Einstellung.

Das Booking funktioniert bei uns also nicht anders, als bei tausend anderen Bands. Veranstalter werden von uns kontaktiert ggf. mit einem Promo-Paket bemustert und manchmal wird man dann halt gebucht. Allerdings ist selbst das recht schwierig geworden, da dank Myspace etc. täglich eine so große Menge an Anfragen bei Veranstaltern eingehen, dass man in der Masse schnell untergeht. Andersrum kann es natürlich aber auch vorkommen, dass Veranstalter auf uns zukommen.

In der Vergangenheit habt ihr die Bühnen bereits mit Bands wie DEATH BY STEREO geteilt. Wie weit ist der Ruf von STEVE FROM ENGLAND bereits über die Grenzen Deutschlands hinaus geklungen?

Baake: Wir hatten in der Vergangenheit das Glück schon mit ein paar internationalen Bands auf der Bühne stehen zu können. Dieses fand bis jetzt dann allerdings ausschließlich in Deutschland statt.

Bereits zu unserer Demo bekamen wir viel Zuspruch aus der ganzen Welt. Die beschränkten sich allerdings meist auf irgendwelche Kommentare auf Myspace, oder aus nicht realisierbaren einzelnen Gig-Angeboten und sonstigem groben Unfug. Manche Kommentare konnten wir allerdings auch nicht deuten, da wir bereits in der zweiten Klasse unseren Russisch-Unterricht abgewählt haben. Es könnte also durchaus sein, dass uns mitunter einfach nur Kloppe angedroht wurde!

Was sind eure Pläne für das Jahr 2011?

Baake: Maik hatte sich vorgenommen mit dem Rauchen anzufangen, Martin trennt ab jetzt seinen Müll, Dennis zieht bei seinen Eltern ein, Alex wiederholt wieder einmal die 11. Klasse und ich will vor allem nicht mehr so viel Scheiße labern. Aber Du weißt ja selbst, wie das so mit Vorsätzen fürs neue Jahr ist! Musikalisch gesehen steht natürlich an erster Stelle das Album an den Mann bzw. die Frau zu bringen. Allerdings arbeiten wir zu diesem Zeitpunkt auch bereits an einer EP, die auf alle Fälle noch im Laufe des Jahres rauskommen soll. Des Weiteren wollen wir natürlich noch das ein oder andere Konzert spielen und hoffen dieses Jahr im Sommer auch ein/zwei kleinere Festivals mitnehmen zu können. Das ist die letzten Jahre immer ein wenig an uns vorbeigegangen.

Wer euch kontaktieren will, der…

Baake: …der soll das doch bitte tun, oder für immer schweigen! Wir freuen uns jedenfalls über jede (Heirats-) Anfrage, jedes Lob und allerlei Beschimpfungen. Nutzt dazu einfach: steve@stevefromengland.de

Und auch die letzten Worte gebühren dir:

Baake: Zwei Drittel der Welternte an Auberginen wächst in New Jersey! Glaubt es mir einfach, oder fragt meinetwegen den „SMS-Guru“!

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