Hellboy (USA 2004)

hellboySeit Hollywood den veritablen Ruf vernommen hat, dass Verfilmungen beliebter Comic-Reihen Publikumsscharen in die Kinos locken, scheint die Menschheit vor keiner Gefahr mehr gefeit. Und wären da nicht die tapferen Recken im Schatten von Recht und Ordnung, die Grünen Goblins, Magnetos oder Poison Ivys würden die Erde wohl ohne Erbarmen unterjochen. Proportional zur Ziffer einträglicher Superhelden-Ausflüge auf der Kinoleinwand steigt auch der Mut zur Andersartigkeit. Diesem Trend folgt auch Hellboy, ein Weltenretter,  der den steten Gefahren mit schnoddrigem Sarkasmus und höllischer Stoik begegnet.

Dass der von leuchtend roter Haut und eigenhändig gekappten Teufelshörnern gezeichnete Streiter des Guten hierzulande nur eingefleischten Comic-Freunden ein Begriff ist, sollte dem Genuss des spektakulären Fantasy-Spektakels keinerlei Abbruch bereiten. Denn der mexikanische Regisseur Guillermo del Toro beweist nicht nur feines Gespür für die launige Einführung ins Universum des eigenwilligen Heldentypus, sondern zelebriert zudem eine sehenswerte Okkult-Orgie mit stimmungsvollem B-Movie-Appeal.

1944: In den Wirren der letzten Phase des Zweiten Weltkriegs planen die Nazis unter Mithilfe des einstigen zaristischen Hofmagiers Grigori Rasputin (Karel Roden, „Bulletproof Monk“), die Pforten zur Hölle zu öffnen, um dem drohenden Niedergang des Dritten Reiches mit der infernalischen Apokalypse entgegenzuwirken. Doch wird die Zeremonie im letzten Augenblick von amerikanischen Streitkräften vereitelt. Einzig einem kleinen feuerroten Geschöpf gelingt der Sprung aus den Fegefeuern in die unsrige Welt. In dem rechtschaffenden Wissenschaftler Trevor Bruttenholm (John Hurt, „Alien“) findet das Hellboy getaufte Wesen einen Ersatzvater und wird zum Kernstück der von Bruttenholm gegründeten B.P.R.D., einer staatlichen Institution zur Bekämpfung paranormaler Verbrechen.

Jahre später ist Hellboy (Ron Perlman, „Die Stadt der verlorenen Kinder“) zu einem Zigarre paffenden und Katzen liebenden Koloss herangereift. Die Existenz des gutmütigen Hünen wird der Öffentlichkeit zum Schutze des schlagkräftigsten Agenten des B.P.R.D. vorenthalten. Als jedoch Rasputin samt untotem Nazi-Assassinen Karl-Ruprecht Krönen (Ladislav Beran, „Blade II“) und entfesselter Höllenbestie den neuerlichen Weltuntergang einleitet, muss Hellboy all seine Kräfte bündeln, um den sinistren Schergen das Handwerk zu legen. Unterstützt vom jungen FBI-Agenten John Myers (Rupert Evans, „Sons and Lovers“), dem Fischmenschen Abe Sapien (Doug Jones, „Adaptation“) und der mit kaum kontrollierbaren pyrokinetischen Fähigkeiten ausgestatteten Liz Sherman (Selma Blair, „Eiskalte Engel“) beginnt der Kampf um die Zukunft des gesamten Planeten.

Für Furore sorgte Regisseur Guillermo del Toro erstmals mit seinem 1993 gedrehten Vampir-Drama „Cronos“. Der Einladung nach Hollywood folgend, inszenierte er vier Jahre später die passable Fingerübung „Mimic“, bevor del Toro über die Rückkehr in seine Heimat („The Devil‘s Backbone“) für die Realisierung des Fantasy-Horror-Sequels „Blade II“ verpflichtet wurde. Mit von der Partie war, wie bereits bei „Cronos“, der charismatische Ron Perlman, der für del Toro von Beginn an als absolute Idealbesetzung für die Titelrolle in „Hellboy“ galt. So verwirklichte der eigenwillige Filmemacher die Comics des amerikanischen Illustrators Mike Mignola ohne große Namen und mit einem eher geringen Budget von 60 Millionen Dollar.

Wie Spawn entstammt auch Hellboy dem alles verschlingenden Orkus der Hölle, um den Siegeszug der dunklen Mächte auf Erden vorzubereiten. Doch wo Mark A. Z. Dippes seelenloser Fantasy-Trash das Potential seiner Heldenfigur in haarsträubenden Computeranimationen aufrieb, setzt Guillermo del Toro auf eine ausgefeilte Einführung der Charaktere. Ohne den hohen Unterhaltungswert seiner von exzellenter Optik getragenen Geschichte an eine bloße Verkettung ambitionierter Actionsequenzen zu vergeuden, präsentiert der Regieexzentriker seine Vorstellung des mystischen Ermittlers als episodische Verknüpfung bestechend umgesetzter Comic-Komponenten. Befangen in seiner Zuneigung zu Liz, entbrennt ein ironisierter Kampf zwischen Hellboy und dem Agenten Myers um die Gunst der mentalen Pyromanin. Nicht zuletzt auf diese Weise verleiht Del Toro den Figuren erforderlichen Kontrast und lässt „Hellboy“ zwischen atmosphärischen Zerstörungsszenarien kontinuierlich zu menschlichen Konturen zurückschweifen.

Diese Erfolgsrezeptur ließ bereits Brian Singers „X-Men“ über den Status typischer Comic-Adaptionen hinausragen. Zwar verkommen die Bösewichter um den Schwarzmagier Rasputin einmal mehr zu undankbaren Randchargen, doch entschädigen die prunkvolle Ausstattung und manch formale Finesse für Ungereimtheiten und das lose Flickwerk des Drehbuchs. Doch formalisiert Del Toro den Kosmos seines gehörnten Helden mit schroffem Witz, stimmiger Besetzung und ausgefeilter Visualisierung. In erster Linie bietet „Hellboy“ perfekte Unterhaltung. Und während der Zuschauer auf die bereits im Vorbereitungsstadium befindliche Fortsetzung gespannt sein darf, kann sich der Inszenator selbst rühmen, dem bescheidenen Zirkel nicht-amerikanischer Regisseure anzugehören, die ihrem Stil trotz gängiger Hollywood-Mechanismen treu geblieben sind.

Wertung: 7.5 out of 10 stars (7,5 / 10)

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