Heartless (GB 2009)

heartless-2009In London ist der Teufel los. Um die Herrschaft des Chaos voranzutreiben, schickt er seine Dämonen in die Nacht, furchterregende Monster mit spitzen Zahnreihen, die Unschuldige mit Brandsätzen auf offener Straße ermorden. Oder handelt es sich bei den brutalen Tätern um eine maskierte Straßengang im Auftrag eines Gangsters mit grotesker Stichwaffe als Handprothese? Für Jamie (Jim Sturgess, „21“) scheint der Fall klar. Der junge Fotograf, dem ein herzförmiges Mal die linke Augenpartie und die Schulter bedeckt, kommt den Kreaturen bei einem nächtlichen Streifzug auf die Spur. Fasziniert und erschrocken stellt er der mörderischen Bande nach und lässt sich schließlich auf einen mephistophelischen Pakt mit dem mysteriösen Papa B. (Joseph Mawle, „We Want Sex“) ein.

„Heartless“ beginnt als düsteres Außenseiter-Drama und wächst sich zum verstörenden Horrorfilm mit brutalen Seitenhieben auf die Verrohung der Gesellschaft aus. Der kunstvolle Blick in die Abgründe der menschlichen Psyche spielt virtuos mit Urängsten und stellt die Wahrnehmung des Zuschauers über interpretationsfreudige Verschmelzungen von Wahn und Wirklichkeit auf eine harte Probe. Autor und Regisseur Philip Ridley, der sich bereits mit Werken wie „Schrei in der Stille“ und „The Passion of Darkly Noon“ als visuell erhabener Dramatiker im Geiste des Schreckens etablierte, zeigt Englands Kapitale als Nährboden für alptraumhafte Degeneration und moralische Zersetzung.

Jamie, der sich durch sein Geburtsmal gesellschaftlich isoliert fühlt, hat sich in einem Zustand der Verbitterung eingenistet. Die Unterstützung von Mutter und Bruder sind ihm eine Stütze, nur eben keine echte Hilfe. Unbeschwert sind lediglich die Erinnerungen an den verstorbenen Vater („Harry Potter“-Charge Timothy Spall), dessen Weisheit und Lebenslust seine Kindheit mit Zuversicht erfüllten. Von der aber ist nichts geblieben. Jamie lebt mit den Blicken und der Häme anderer. Doch plötzlich ist da noch die Angst vor den ihn zu verfolgen scheinenden Kreaturen. Als denen eines Abends auch seine Mutter zum Opfer fällt, sinnt Jamie auf Rache. Aber wenn dieser Film eines ist, dann absolut unberechenbar.

Für ein bisschen Chaos verheißt ihm Papa B. ein neues Leben. Wie ein Phoenix steigt Jamie aus der Asche seines verbrannten Körpers und beginnt ohne die Male, die ihm Zeit seines Lebens die Anteilnahme am sozialen Miteinander verwehrten, von vorn. In Model Tia (spielte ebenfalls in „Harry Potter“: Clémence Poésy) scheint er bald eine Seelenverwandte gefunden zu haben. Doch der Preis der Makellosigkeit ist hoch. Um den Pakt mit dem Teufel zu erfüllen, soll Jamie nicht weniger als einem Fremden das Herz aus der Brust schneiden. Surreal, undurchschaubar und mit erschreckenden Gewaltexplosionen führt Ridley den aufwühlend gespielten Jamie und das Publikum an der Nase herum. „Heartless“ ist unbequemes Nischenkino mit nervenzerrender Spannung und abgrundtiefer Boshaftigkeit. Endlich mal wieder ein Horrorfilm der rigoros auf Konventionen pfeift!

Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

 

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