Hard Target – Harte Ziele (USA 1993)

harte-ziele-van-dammeAls „Mozart der Zerstörung“ wurde John Woo auch außerhalb Asiens gefeiert. Anfang der Neunziger – er hatte mit „Hard Boiled“ gerade einen weiteren Klassiker des Heroic Bloodshed abgeliefert – klopfte Hollywood an seine Pforte. Der Regisseur entschied sich für Amerika, wie so mancher seiner Kollegen, verhieß die Rückgabe des liberalen Hongkong an das kommunistische China doch künstlerische Freiheitsberaubung. Sein erster Film in der neuen Heimat, „Harte Ziele“, sollte ein handelsüblicher Actionstreifen sein, aufgewertet durch die für Woo typische Ästhetisierung der Gewalt. Hauptakteur Jean-Claude Van Damme wurde für Hongkongs Genre-Elite fortan ein fester Anlaufpunkt, versuchten mit seiner Hilfe auch die glückloseren Tsui Hark („Double Team“) und Ringo Lam („Maximum Risk“) in der Fremde Fuß zu fassen.

Für US-Verhältnisse ist Woos Streifen, übrigens produziert von Sam Raimi und Robert Tapert („Tanz der Teufel“), eine Offenbarung. Zumindest dann, wenn anstatt der Schauspieler die Knarren das Sagen haben. Für den Filmemacher hingegen bleibt er eine Fingerübung, in der bekannte Elemente seiner Hongkong-Werkschau neu zusammengefügt werden. Chuck Pfarrers („Darkman“) Skript ist reichlich dünn und verbleibt ohne besonderen Reiz. Ebenso die Umsetzung der meisten Spielszenen, was auch den schwachen Darstellern geschuldet bleibt. Van Damme, der sich hier mit öliger Mähne durch New Orleans prügelt, war nie ein besonders ausdrucksstarker Mime, was durch die ähnlich blassen Darbietungen von Yancy Butler („Drop Zone“), Wilford Brimley („Das Ding aus einer anderen Welt“) und dem bestenfalls soliden Lance Henriksen („The Quick and the Dead“) aber quasi egalisiert wird.

Die dürftige Handlung ist lediglich der Aufhänger spektakulärer Actionexzesse. Um die zu erreichen, muss aber erst mal eine zähe erste Hälfte überwunden werden, in der die junge Natasha (Butler) mit Hilfe des agilen Arbeitslosen Chance (Van Damme) nach ihrem verschwundenen Vater (Autor Pfarrer) sucht. Der wurde gleich zum Auftakt von skrupellosen Menschenjägern zu Tode gebracht. Hinter denen stehen Unternehmer Fouchon (Henriksen) und Kompagnon van Cleef (Arnold Vosloo, „Die Mumie“), professionelle Mörder, die ihrer vermögenden Klientel gegen bare Münze den Reiz der besonderen Jagd verschaffen. Als ihnen Chance zu nahe kommt, gerät er selbst ins Visier der Killer. Doch haben die nicht mit der Wehrhaftigkeit der kampferprobten Beute gerechnet.

„Harte Ziele“ ist ein verhältnismäßig schwaches Werk von John Woo, wohingegen Hauptdarsteller Van Damme selbiges als Krönung seines Wirkens betrachten dürfte. Nie wurde der Belgier besser in Szene gesetzt, nie durfte er furioser Knochen brechen und (fast) ohne nachzuladen unzählige Kugeln in die Körper seiner Gegner pumpen. Jedoch öffnet sich der Film erst spät seiner Vorsehung, wobei der Showdown in einer Lagerhalle für Umzugswagen des Mardi Gras nahezu versöhnlich stimmt. In Zeitlupe werden Männer mit Blei gefüllt, in rauen Mengen künstliches Blut verspritzt und der Bodycount rasant in die Höhe getrieben. Kundigen von Woos Filmografie kommt dabei vieles bekannt vor, wenn die US-Version des stilbildenden Totentanzes auch ihren ganz eigentümlichen Reiz besitzt. Nicht schlecht, insgesamt aber zu unbeständig.

Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

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