Erbarmen (DK/S/D 2013)

erbarmenolsenVerfilmungen skandinavischer Thriller haben nicht länger nur im TV Hochkonjunktur. Die Adaptionen von Stieg Larssons „Millennium“-Trilogie, ursprünglich fürs Fernsehen gedreht, erzielten (in verschiedenen europäischen Ländern) auch im Kino große Erfolge und zogen bereits ein US-Remake des eröffnenden Teils „Verblendung“ nach sich. Eine weitere diesen Weg einschlagende Reihe ist die des dänischen Bestsellerautors Jussi Adler-Olsen, der den gebrochenen Kommissar Carl Mørck in bislang fünf Romanen zur festen Krimi-Instanz machte. Als dänisch-, schwedisch-, deutsche Gemeinschaftsproduktion feiert auch diese auf großer Leinwand Premiere – und lässt Freunde abgründiger Polizeiermittlungen mit „Erbarmen“ keinesfalls enttäuscht zurück.

Gleiches gilt übrigens auch für Kenner der Vorlage. Denn diese wurde zwar zu Zwecken der Temposteigerung verknappt, fängt die Atmosphäre des Buches aber durch ambivalente und gleichsam sehenswert besetzte Figuren sowie ein makabres Krimirätsel durchweg überzeugend ein. Im Zentrum der Handlung steht jener Carl Mørck (Nikolaj Lie Kaas, „In China essen sie Hunde“), ein unter Kollegen als eigenbrötlerisch und äußerst stur geltender Ermittler, der bei einem folgenschweren Einsatz den Partner verlor und überdies mitansehen musste, wie sein bester (und einziger) Freund zum Krüppel geschossen wurde. Er selbst kam körperlich leicht verletzt davon. Aber die psychischen Narben sitzen tief. Nach der Reha will er zurück zur Mordkommission. Doch daraus wird nichts. Er wird in die neu geschaffene Keller-Abteilung Q abgeschoben, in der alte Fälle auf Verfahrensfehler hin überprüft und abgelegt werden sollen.

Als Assistent wird ihm Assad (Fares Fares, „Kops“) zur Seite gestellt, zu dem Mørck nach anfänglicher Abweisung Vertrauen fasst. Gemeinsam rollen sie – strikt gegen den Willen des Vorgesetzten – den Fall Merete Lynggaard (Sonja Richter, „Cecilie“) neu auf. Die aufstrebende Politikerin soll sich fünf Jahre zuvor selbst getötet haben. Doch Mørck kommen Zweifel. Warum war Meretes katatonischer Bruder Uffe (Mikkel Boe Følsgaard, „Die Königin und der Leibarzt“) mit an Bord jener Fähre, von der sich die junge Frau gestürzt haben soll? Die Ermittlungen zeigen rasch weitere Unstimmigkeiten und gegen alle Widerstände scheint das ungleiche Polizistenduo gewillt, die Wahrheit zu entblößen. Allerdings ist die schrecklicher als vermutet. Denn die Totgeglaubte ist am Leben und wird von einem rachsüchtigen Psychopathen (Peter Plaugborg, „Tage des Zorns“) in einer engen Druckluftkammer wie ein Tier gehalten.

In der schnörkellosen Inszenierung Mikkel Nørgaards („Klown“) verschwimmen Erzähl- und Zeitebenen. Fokussiert auf die wesentlichen Elemente der Vorlage, nutzt der Regisseur die überschaubare Zeit des Innehaltens für die plastische Ausgestaltung der Hauptfiguren. Während der dauergrimmige Mørck über Trauma und schwierige Beziehungsverhältnisse (verdeutlicht durch den bei ihm einziehenden Stiefsohn) aber ausreichend umrissen wird, bietet der gutmütige Partner Assad noch Potenzial zur charakterlichen Ausprägung. In seinen Grundzügen wirkt die Prämisse wie eine Mischung aus „Cold Cases“ und „The Wire“, was jedoch genug Raum für spannungsfördernde Spurensuche in der trüben Vergangenheit bietet. Der gegenüber steht der  qualvolle Leidensweg des intensiv gespielten Opfers. Zwar wirkt die Motivation des Täters etwas konstruiert, wird im Kontext dieses erstklassigen Euro-Thrillers aber fast zurückhaltend serviert. Ein mehr als vielversprechender Serienauftakt.

Wertung: 7.5 out of 10 stars (7,5 / 10)

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