Ein Engel im Winter (CDN/F/D 2008)

ein-engel-im-winterDr. Kay hat eine Gabe, eine Fähigkeit, die beängstigt. Der Arzt mit der bedächtigen Wesensart kann den Tod von Menschen voraussagen. Er ist ein Bote, der die Sterbenden über ihr Schicksal aufklärt und sich ihrer annimmt; um ihnen die Möglichkeit zu geben, mit sich ins Reine zu kommen und einen friedvollen Abschied zu nehmen. Kay, der eine Art Sanatorium für Todgeweihte betreibt, spendet Trost. Selbst wenn ihn nicht jeder will. Vor allem nicht der erfolgreiche New Yorker Anwalt Nathan (Romain Duris, „Arséne Lupin“), den ein Besuch des Fremden völlig aus der Bahn zu werfen droht.

Nach dem Roman von Guillaume Musso schrieben Regisseur Gilles Bourdos („A Sight for Sore Eyes“) und Co-Autor Michel Spinosa („Anna M.“) ein Drehbuch, das durch Zurückhaltung und eine höchst poetische Note glänzt. In anmutigen Bildern erschafft „Ein Engel im Winter“ einen faszinierenden Kosmos, der sich durch das minimierte Spiel der Darsteller seine Unergründlichkeit bewahrt. Als Dr. Kay besticht Charaktermime John Malkovich („Burn After Reading“), der das Los des Todesboten mitsamt der daran gebundenen Verantwortung ohne Murren akzeptiert.

Nathan, der nach Kays Besuch und einem Beweis seiner Fähigkeiten selbst das Ende vor Augen sieht, bemüht sich um die Versöhnung mit Ex-Frau Claire (Evangeline Lilly, „Lost“), der er nach dem plötzlichen Kindstod ihres Sohnes die Schuld an der Tragödie gab. Kay soll ihn begleiten, als Garant für ein Überleben auf Zeit. Je mehr der Rechtsgelehrte sich von Beruf und Alltag entfernt, desto mehr öffnet er die Augen für die Schönheit des Moments. Bourdos zeichnet diese Wandlung zwar mit gebührender emotionaler Dichte nach, verzichtet jedoch vollends auf Weichzeichner und Kitsch.

Wer die Vorzeichen richtig zu deuten versteht, der kann die finale Wendung dieses bewegenden Mystery-Dramas sicher vorhersagen. Und doch überzeugt der Film auch ob seiner relativen Traurigkeit und dem abrupten Ausklang. Die betont stille Inszenierung – Gelder aus Frankreich, Kanada und Deutschland bürgen für stimmige Gefühlsbäder ohne hochglänzenden Hollywood-Chic –, umschifft Konventionen und Klischees stilsicher. Eine dramatische, feinfühlige und strikt lebensbejahende Ode an die Bedeutsamkeit des Augenblicks. Denn wer weiß schon, wann sein letztes Stündlein geschlagen hat?

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

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